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The
Door in the Floor
Emotionale
Gaunereien, intime Momente
Beziehungstrennungen
als gesteigertes Leben: Tod Williams verfilmt einen Roman von John Irving –
der Kinofilm "The Door in the Floor"
Strenge
Blicke. Abwesende Mimik. Ted Cole, der berühmte Kinderbuchautor, und Marion
Cole, seine Frau, im Garten ihres luxuriösen Anwesens in einem malerischen
Küstenort bei New York. Weiter hinten liegt das Meer. Aber wer sieht das
schon, wenn man sich trennt? Er sagt ihr, ganz sachlich, dass er genug habe
und dass er es nun – zunächst auf Probe – getrennt versuchen wolle. Sie
nimmt es auf, auch ganz sachlich. Aber mit flirrendem Blick.
Gibt
es eigentlich schon das Genre des Trennungsfilms? Wenn nicht, ist es nun an
der Zeit, es zu eröffnen. Tod Williams’ Film "The Door in the Floor"
beginnt damit, dass ein Mann und seine Frau sich nichts mehr zu sagen haben.
Nimmt man François Ozons Beziehungsstudie "5
x 2"
hinzu, in der es ja um Ähnliches geht, darf man derzeit wohl von einem
kleinen Hype des Trennungsthemas sprechen. Und? Na ja. Dass in Zeiten des liberalisierten
Paarverhaltens, in denen ein jeder ganz abgeklärt von den Verlaufskurven
der Liebe spricht, alle Beziehungsphasen, also auch Trennungen, filmisch interessant
werden, ist nun einerseits nicht so die Neuigkeit. Wirklich interessant aber
sind andererseits die Dramaturgien, die so entstehen.
François
Ozon untersucht die Paardynamik und die Gründe, wie alles kommen muss,
wie es schließlich kommt. Tod Williams dagegen interessiert sich für
Momente der Verlorenheit und ein filmisch stilsicheres Umgehen damit. Deshalb
entledigt er sich der Frage nach dem Hintergrund der Krise in einem plakativen
Bild: Irgendwann, lange bevor der Film einsetzt, sind die beiden Söhne
des Paares bei einem Autounfall ums Leben gekommen; die Coles haben es nie geschafft,
mit diesem Verlust umzugehen.
Das
mag man für abgeschmackt halten – mal wieder einer dieser traumatischen
Momente, mit denen amerikanische Dramaturgien komplexe Gefühlslagen gern
übersichtlich strukturieren. Gerade dadurch aber konnte "The Door
in the Floor" zu dem herausragenden Schauspielerfilm werden, der er ist.
Es geht hier nicht um die Problemfilmfragen nach dem Warum oder dem Wieso. Dafür
erscheint die Trennungsphase als eine Zeit des herausgehobenen, des gesteigerten
Lebens, mit Irrungen und Wirrungen, emotionalen Gaunereien und intimen Momenten.
Das sind dankbare Aufgaben für Schauspieler. Wenn sie gut sind.
Jeff
Bridges, Kim Basinger sowie Jon Foster als (zunächst) junger Assistent
von Mr. Cole und (schließlich) junger Liebhaber von Mrs. Cole sind fantastisch.
Jeff Bridges läuft als Mr. Cole stellenweise wie eine Künstlerkarikatur
durch den Film, barfuß und mit Strohhut seinen Aktmodellen hinterhersteigend.
Einerseits weiß er diese Momente bis zur grotesken Bohemeparodie zu steigern,
andererseits aber auch so auszutarieren, dass er seine Tochter nachts immer
noch glaubhaft zu trösten versteht. Vor allem an dieser Figur sieht man,
dass man es mit einer Verfilmung eines Romans von John Irving zu tun hat – dass
es zur Lebensweisheit gehört, die tragikomischen Momente seiner selbst
wahrzunehmen, davon erzählt diese Figur.
Kim
Basingers Mrs. Cole sind eher die melodramatischen Momente zugeordnet. Klar,
worauf man beim Casting geachtet hat: Die Schauspielerin sollte einfach super
aussehen, selbstbewussten Sex ausstrahlen, aber auch glaubhaft ihrer eigenen
Rolle als Klassefrau unsicher geworden sein; und – was soll man sagen? – Kim
Basinger erfüllt diese Anforderungen mit Bravour. Es wäre gar nicht
nötig gewesen, ihre Affäre mit dem halb so alten Assistenten so sorgfältig
vorzubereiten, wie der Film es tut. Man hat sich selbst als Zuschauer schon
längst in die Basinger verknallt.
Das
heimliche Zentrum des Films aber ist Ruth, die fünfjährige Tochter
der Coles. Die Tapferkeit, mit der sie in dem Mausoleum agiert, das ihre Mutter
mit dutzenden Fotos ihrer Söhne aus der ersten Etage des Strandhauses gemacht
hat, schnürt einem schier das Herz zu. Am Schluss wird sie von ihrer Mutter
verlassen sein, und ihr Vater wird emotional angeschlagen sein. Wer wissen will,
wie es mit ihr weitergeht, muss John Irving Roman "Witwe für ein Jahr"
lesen. Der Film deckt nur das erste Drittel des Buchs ab; in den beiden weiteren
Dritteln ist sie die Hauptfigur.
Dirk
Knipphals
Dieser
Text ist zuerst erschienen in der: taz
The
Door in the Floor – Die Tür der Versuchung
USA
2004 – Originaltitel: The Door in the Floor – Regie: Tod Williams – Darsteller:
Jeff Bridges, Kim Basinger, Elle Fanning, Jon Foster, Bijou Phillips, Mimi Rogers,
Louis Arcella, John Rothman – Prädikat: besonders wertvoll – FSK: ab 12
– Länge: 111 min. – Start: 21.10.2004
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