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„Images
of parents who were so hungry and unfulfilled that they ate their own children.”
Bret
“It’s
about your parents, about some things that been happening here lately. Society…”
In
schleimiger Gesellschaft
Der Film beginnt mit einem Albtraum, aus dem Bill von
seiner Mutter geweckt wird, doch mit dem Erwachen und der Mutter – als Repräsentantin
einer Familie, die Geborgenheit und Schutz hier sicherlich nicht bietet – fängt
Bills Albtraum gerade erst an. Diese Vermengung von Albtraum und Realität,
die Realität, die ein Albtraum ist und der Albtraum, der mörderische
Realität wird, erinnert nicht von ungefähr an Wes Craven’s Nightmare on Elm Street. Bei Craven kehrte das Verdrängte, das Böse,
das die Eltern einst ins Feuer schickten, durch die Träume der Kinder gewaltsam
zurück – aus den Kellern des Unbewussten an die scheinbar heile Oberfläche
von Suburbia. In Brian Yuznas (Bride of Re–Animator) Debüt Society nun führt der Weg unter die makellose Oberfläche
in die entgegengesetzte Richtung: (nicht nur) in seinen Albträumen offenbart
sich dem adoleszenten Billy, dass mit der High Society im Beverly Hills der
ausgehenden achtziger Jahre etwas nicht stimmt.
Für paranoid wird Billy erklärt – immer wieder
– , weil ihm alles in seinem Umfeld irgendwie verdächtig
scheint. Seine heuchlerischen (Adoptiv-)Eltern und seine Schwester, mit ihren
arroganten Vorstellungen von Status und Klassenzugehörigkeit („just one
big happy familiy, except for a little incest and psychosis“), seine Cheerleader-Freundin,
die sich für nichts anderes interessiert, als auf die Party des Schulfieslings
eingeladen zu werden und sein Psychiater, der ihm predigt, endlich seinen Platz
in dieser Gesellschaft zu akzeptieren und ihm dabei hilft, indem er wöchentlich
seine Medikamenten-Dosis erhöht.
Die Gesellschaftssatire, auf die Society hinausläuft, basiert auf einem Konzept der Buchstäblichkeit.
Die Party, mit der der Film endet, ist ein orgiastischer Exzess der beim Wort
genommenen Metaphern. Als „butt head“ bezeichnet Bill seinen verhassten Adoptiv-Vater
und dieses Schimpfwort wird im schrecklich-schön schleimigen Showdown ebenso
bildlich illustriert wie die jugendliche Angst, dass in der bösen Erwachsenenwelt
alles zusammenhängt – und das eben wortwörtlicher, als es sich Bill
noch in seinen schlimmsten Albträumen zu fürchten gewagt hätte.
Die Metapher von den kinderfressenden Eltern, mit der ein 20-jähriger Schriftsteller
ein paar Jahre zuvor für Furore gesorgt hatte, wird zu einem wahnwitzigen
Komp(l)ott verarbeitet, und indem sich Bill und dem Zuschauer die hässliche
Fratze hinter der Maske der Schönen und Reichen offenbart, wird wahrlich
das Innerste nach außen gekehrt.
Wieviel Neues wir in Society lernen über die US-amerikanische Gesellschaft der
Reagan-Ära, über die Verschärfung der sozialen Kontraste durch
die neoliberale Wirtschaftspolitik etwa oder über die Bedeutung der Familie
in der Yuppie-Gesellschaft, sei einfach mal dahingestellt. Fest steht jedoch:
Von dem stereotypen Horrorfilm-Albtraum zu Beginn gelangt der Film zu einem
wirklich ungewöhnlichen Spezialeffektsgelage, das durch seinen rabenschwarzen
und blutroten Anarcho-Humor um nichts weniger verstörend wird und dieser
Weg von der glatten Genre-Oberfläche in einen Sumpf aus Blut und Gekröse
ist – auch nach zwanzig Jahren noch – ein wunderbar regressiv-infantiler Spaß!
Nicolai
Bühnemann
Dark
Society
SOCIETY
USA
– 1989 – 95 min. – FSK: ab 18 – Verleih: VPS/Madison (Video) – Erstaufführung:
31.1.1990 Video – Produktionsfirma: Wild Street – Produktion: Keith Walley
Regie:
Brian Yuzna
Buch:
Woody Keith, Rick Fry
Kamera:
Rick Fichter
Musik:
Mark Ryder, Phil Davies
Schnitt:
Peter Teschner
Darsteller:
Billy
Warlock (Bill Whitney)
Evan
Richards
Davin
Devasquez (Clarissa)
Ben
Meyerson
Charles
Lucia
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