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Daddy’s Home
Vater werden ist nicht schwer, ein Dad zu sein dagegen sehr. In Folge eines
Unfalls beim Zahnarzt kommt Brad ohnehin nur noch als Stiefvater für Megan
und Dylan in Frage, was die attraktive Sarah vor acht Monaten offenbar als Chance
begriffen hat, nachdem sie zuvor offenkundig einschlägige Erfahrungen mit
dem sportiven Alpha-Männchen Dusty gemacht hatte. Weil Brad also so hingebungsvoll
wie erfolglos daran arbeitet, eine Beziehung zu seinen beiden Kindern aufzubauen
und sich dabei für keine Erniedrigung zu schade ist, wundert es nicht weiter,
dass er als Angestellter einer recht erfolgreichen Radio-Station für Smooth
Jazz seine Brötchen verdient. Von seinem weichen Naturell her scheint Brad
bestens in eine Welt zu passen, die von toughen Schülerlotsinnen regiert
wird. Man kann nicht sagen, dass Brad mit seiner kleinen Familie nicht glücklich
wäre. Allerdings muss er (noch) damit leben, dass die kleine Megan ihn
als „little bitch“ beschimpft, wenn er mal wieder mit den Tränen kämpft,
weil eines der Kinder ihn als „Dad“ adressiert. Als sich dann eines Tages unvermittelt
der biologische Erzeuger Dusty ankündigt, wird aus dem Mann, der im Begriff
stand, „Dad“ zu werden, wieder nur der Ersatz, der ungeliebte Stiefvater. Doch
Brad ist bereit, um seine Familie zu kämpfen.
Es liegt ziemlich auf der Hand, dass die Drehbuchautoren einmal davon
träumten, aus zwei unterschiedlichen Formen von Männlichkeit eine
treffsichere Komödie zu machen, doch Regisseur Sean Anders begnügt
sich damit, auf die Kombination und den Gegensatz von Will Ferrell und Mark
Wahlberg zu setzen, womit er die Möglichkeiten des Stoffes allerdings verschenkt.
Als der virile, durchtrainierte und auch bestens vernetzte Dusty sich ins noch
sehr fragile Familienleben seiner Ex drängt, ist Brad chancenlos, zumal
Dusty ihm auch in Sachen Charme und Eloquenz meilenweit überlegen ist.
Was folgt, ist eine Reihe aberwitziger bis abgründiger Situationen, in
denen es um politisch korrekte Sprache, Rassismus und Strategien des Widerstands
gegen Mobbing in der Schule geht, aber auch ums Motorradfahren, den Bau eines
Baumhauses und äußerste Erniedrigungen in der Öffentlichkeit,
wobei Brad wenig überraschend eine so schlechte Figur abgibt, dass selbst
Sarah kurzzeitig die Geduld verliert.
Ein interessanter Kniff des Films besteht darin, Brad, dessen Destruktion man miterlebt, immer ein wenig unsympathischer als Dusty zu zeichnen, der keinen Hehl daraus macht, dass er seine Familie zurückwill. Aber eher wie eine Auszeichnung bei einem Wettbewerb denn in der konkreten Funktion als Dad. Einmal erzählt Brad dem von einer Viertklässlerin gemobbten Dylan eine Episode aus seiner eigenen Kindheit in zwei Varianten: einer heroischen und einer realen. Das Fazit: Wenn man nicht so wie Brad enden will, muss man zu kämpfen lernen. Allerdings, so lernt man später, gilt es dabei stets, das Geschlecht des Gegenübers mitzudenken, da sonst manchem Tritt das Ziel fehlt.
Leider spart der Film die naheliegende familiäre Genese dieser beiden widerstreitenden Formen von Männlichkeit aus, die Brad und Dusty repräsentieren. Brads Chef, eigentlich eine Vater- und Pionier-Figur, erzählt zwar anzügliche Episoden aus seiner sexuellen Vita, doch selbst Brad erkennt, dass diese Anekdoten zwar selbstentlarvend sind, aber so „frei schwebend“ im Handlungskontext stehen wie einige verfremdend integrierte Werkstattgespräche über Filmdramaturgie.
Am Ende überspielt der Film die langatmig exponierten Konflikte zugunsten einer erkennbar vorschnellen und sentimentalen Vermittlung, die davon handelt, dass man Konflikte auch anders als durch körperliche Gewalt, nämlich tanzend lösen kann. Für Dusty bedeutet diese Einsicht ein Einverständnis mit seiner Domestizierung entlang des Modells „Brad“. Man wird einfach Nachbarn, ja Freunde, und verdoppelt schlicht die Patchwork-Familien, zumal sich Brad plötzlich doch als zeugungsfähig erweist. Als zum Schluss allerdings der riesenhafte John Cena mit seinem Motorrad heranbraust, ahnt der vergleichsweise schmächtige Mark Wahlberg, der mittlerweile selbst „Step-Dad“ geworden ist, dass die Geschichte hier noch lange nicht zu Ende sein kann. Leider ist diese mit heißer Nadel gestrickte Auflösung wie der gesamte Film ein (noch) uneingelöstes Versprechen auf mehr: Kreativität.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Filmdienst 2/2016
Daddy’s Home
DADDY’S HOME – USA 2015 – Produktionsfirma: Paramount Pic./Gary Sanchez Prod./Good
Universe/Red Granite Pic. – Regie: Sean Anders – Produktion: Will Ferrell, Chris
Henchy, Adam McKay, John Morris – Buch: Brian Burns, Sean Anders, John Morris
– Kamera: Julio Macat – Musik: Michael Andrews – Schnitt: Eric Kissack, Brad
E. Wilhite – Darsteller: Will Ferrell (Brad Taggart), Mark Wahlberg (Dusty Mayron),
Linda Cardellini (Sarah Taggart), Owen Vaccaro (Dylan), Scarlett Estevez (Megan),
Hannibal Buress (Griff), Thomas Haden Church (Leo), Bobby Cannavale (Dr. Francisco),
Alessandra Ambrosio (Karen), Paul Scheer (The Whip) – Erstaufführung: 21.1.2016
– Länge: 96 Minuten – FSK: b 6; f – Verleih: Paramount
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