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Crazy,
Stupid, Love
Eine Deklination alltäglicherer und gegenwartsnäherer Liebes(un)fälle unternimmt die Komödie "Crazy, Stupid, Love".
Crazy, Stupid, Love: Alles andere als Fragmente einer Sprache der Liebe, vielmehr eine komplette Deklination. Gehen wir’s durch. Der Mann, den seine Frau mit dem Kollegen betrügt. Dessen Sohn, der das Kindermädchen unglücklich liebt. Das Kindermädchen, das wiederum den Vater verehrt. Der Schönling, der mit einer obstinaten Juristin lange kein Glück hat. Die obstinate Juristin, die einen Ehemann will und keinen Kollegen. Die Lehrerin, die mit dem Vater schläft und ihn in der Elternsprechstunde vor dessen Noch-Ehefrau attackiert. Die Noch-Ehefrau, die eigentlich gerne den Ehemann wiederhätte. Der Ehemann, der sich mit Hilfe des Schönlings zum Womanizer entwickelt. Ein Ringelreihen der nicht immer durchsichtigen Freundschafts- und Verwandtschaftsverhältnisse. Als Komödie gespielt. Bombastisch besetzt: Steve Carrell, Julianne Moore, Ryan Gosling, Emma Stone, Kevin Bacon. Durchaus ganz nett. Vom aktuellen Komödienniveau der Apatowschule dann aber doch mehr als ein Stückchen entfernt.
Fragt sich: Wie kommt’s? Zum Beispiel, weil sich jede der Figuren im Typus erschöpft. Weshalb auch der Wechsel vom einen Typus zum andern – der treueste aller Ehemänner, der über alberne Zwischenschritte zum Sex-Maniac wird – nur dank Komödienlizenz plausibel ist, im weiteren Sinn. Es entwickelt sich nichts. Man gelangt einzig im Sprung und in oft sehr einfallslos abrupten Schnitten, manchmal aber auch in etwas seltsamen Kamerafahrten von unter Tischen nach oben oder von oben nach irgendwie unten von Verblendung zu wahrer Erkenntnis. Die Juristin lehrt uns einsehen, dass im Schönling ein empfindsamer Mann steckt. Der treue Ehemann erkennt, dass er wirklich ein treuer Ehemann ist. Der Jüngling sieht ein, wie unüberbrückbar mit dreizehn vier Jahre zur angehimmelten Frau sind. Am Ende haben alle alles erkannt und es herrscht Frieden, als wär’ nichts gewesen.
Was so im Großen schematisch bleibt, funktioniert dann auch im Detail nur bedingt. Cal – das ist der von Carrell gespielte Ehemann auf Onenightstandsfüßen – ist erst sturer, dann trotteliger, dann erfolgreicher, dann versöhnter als die Polizei erlaubt. Jacob – das ist der von Ryan Gosling gespielte Schönling – sieht man von Anfang an an, was er ist, und was nicht. Vielfach bemerkt wurde, dass die Chemie zwischen den beiden stimmt. Das ist richtig und zugleich fragt man sich, warum die Deklination der verrücktdummen Liebe so ganz und gar weiß und hetero ausfällt. Gut situiert ist überdies jeder, im Buchhalterjob oder als – ja, was macht eigentlich Jacob mit seiner schicken Swimmingpoolvilla beruflich? Keine der Nöte, die die Leute hier plagen, ist echt. Und wo also von Anfang an nichts auf dem Spiel steht, kommt an ernst gemeintem Investment in Figuren und ihre Schicksale auch nicht viel rum. Es gibt hübsche Momente, gewiss. In den fast zwei Stunden, die der Film dauert, ohne zwischen Komödienmechanik und wahreren Werten je zu seinem Rhythmus zu finden, wird einem die Zeit dann aber oft doch recht lang.
Ekkehard Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen im: www.perlentaucher.de
Crazy, Stupid, Love
USA 2011 – Regie: Glenn Ficarra, John Requa – Darsteller: Steve Carell, Ryan
Gosling, Julianne Moore, Emma Stone, Marisa Tomei, John Carroll Lynch, Kevin
Bacon, Analeigh Tipton – Prädikat: wertvoll – FSK: ab 12 – Länge:
118 min. – Start: 18.8.2011
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