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Country
Strong
"A Star is Born" im Country-Milieu: Gwyneth Paltrow hat sich als alkoholumnebelter Star in Shana Festes "Country Strong" des Nachwuchses zu erwehren.
Drei Country-Musiker auf Tournee. Headlinerin ist Kelly Canter, in die Jahre gekommener Star der Szene. Gwyneth Paltrow in einer ersten Altersrolle: durch weite Teile des Films bewegt sie sich alkoholumnebelt-selbstmitleidig, aber wenn sie am Ende doch noch einen großen Auftritt hat, kann man es durchaus mit der Angst bekommen: dann verwandelt sie sich in eine stahlharte, perfekt zurecht gefönte Showmaschine, Look und Auftreten erinnern an die storm-trooper-Blondinen der Fox News. Fast schon wieder sympathisch wirkt da die allerdings auch ziemlich reaktionäre Alternative, die der Film aufbaut: Canters Tourbegleiter, Lover und true-country-boy Beau Hutton, der sich am Anfang noch am Steuer seines heruntergekommenen Pick-ups umziehen muss und sich dann doch breitschlagen lässt, es einmal in der ersten Liga zu versuchen. Sein musikalisches Ideal: nostalgische Macho-Hymnen, performt in schummrigen Kneipen vor einem Haufen Rednecks.
Wie man es auch zu drehen und zu wenden versucht: Sie bleibt, zumindest aus der Außenperspektive, eine ziemlich unappetitliche Angelegenheit, diese Country-Szene, in der Massenkulturvariante als Soundtracklieferant für die Tea-Party-Bewegung genauso genauso wie an den grassroots, wo Männer noch Männer sind und Frauen idealerweise Stripper. Nichts gegen die Musik als solche soll damit gesagt sein, natürlich. Auch als Laie kann man davon ausgehen, dass eine Musikform, die so viel Wert darauf legt, mit Biografien und Lebenserfahrung gesättigt zu sein, in der Lage ist, gelegentlich auch den Ambivalenzen der menschlichen Existenz Ausdruck zu verleihen. Leider ist im Film nicht viel von solch einem Potenzial zu hören. Die Songs funktionieren im Großen und Ganzen genau gleich wie so viele Hollywood-Filmscores der Gegenwart, als stets etwas zu aufdringliche, unzweideutige Stimmungsmalerei.
Es fällt nicht leicht, sich unter diesen Bedingungen auf eine neuerliche "A Star is Born"-Paraphrase, auf das große Backstage-Melodram, das "Country Strong" mit großen Gesten und der Filmgrammatik lang vergangener Jahrzehnte aufruft, einzulassen. Dabei geben sich die Regisseurin Shana Feste und ihr Kameramann John Bailey (der in den Achtziger Jahren unter anderem einige der besten Filme Paul Schraders fotografierte) durchaus Mühe: klassisch elegant komponierte Cinemascope-Bilder, volle, warme Farben, die gelegentlicht fast ein wenig an das dem Kino längst verloren gegangene Technicolor denken lassen. Einige der gar nicht so wenigen schönen Momente des Films leiten sich direkt aus der Form ab: Der moderne, verspiegelte Tourbus gleitet fast raumschiffartig durch ein noch lange nicht im 21. Jahrhundert angekommenes Postkarten-Breitbildtexas; oder während der Konzerte, die Schnitte von der Totalen der Bühne in die Garderobe, der Song läuft dann stets im Hintergrund gedämpft weiter zur intimen Großaufnahme der versoffenen Canter.
Was den Film aber vor allem anderen ein bisschen wenigstens rettet, ist die Dritte im Bunde. Die allzu bemühte Gwyneth Paltrow und der wie schon zuletzt in "Tron: Legacy" völlig banale Garrett Hedlund (den Hollywood um jeden Preis zum Star aufbauen möchte, warum auch immer) werden mit links an die Wand gespielt von Leighton Meester. Deren Chiles Stanton, Provinz-Schönheitskönigin und Country-Starlet, ist zwar nur der opening act, aber sie stiehlt mit ihrer betörenden Unschuldsmine den anderen beiden sehr glaubwürdig in Windeseile die Show.
Meester wurde bekannt durch die gleichzeitig fragwürdige und faszinierende High-Society-Teenie-Soap "Gossip Girl". Da machte und macht sie als komplett versnobbte, krankhaft ehrgeizige Milliardärstochter Blair Waldorf Manhattans Luxushotels unsicher, in "Country Strong" gibt sie eine gebändigte Variante derselben Figur. Auch Chiles Stanton will hoch hinaus und gibt erst einmal vor, alles dafür zu tun, eilt eisern strahlend von Konzerten zu Pressekonferenzen zu Studioaufnahmen, aber zwischendrin wächst ihr, was Blair nie in den Sinn kommen würde, ein Herz; bald lehnt sie sich ermattet im Tourbus an Beau Huttons Schulter, man kann sich ausdenken, wie das weitergeht. Meesters neurotische Lebendigkeit aber, die bei aller aufgesetzten Cleverness stets ein Moment von Naivität, etwas Unfertiges, behält, trägt den Film trotzdem über so manche Länge.
Lukas Foerster
Dieser Text ist zuerst erschienen in: www.perlentaucher.de
Country Strong
USA 2010 – Regie: Shana Feste – Darsteller:
Gwyneth Paltrow, Garrett Hedlund, Tim McGraw, Leighton Meester, Marshall Chapman,
J.D. Parker, Cinda McCain, Jeremy Childs, Jackie Welch, Gabe Sipos, Sandra Harris
– FSK: ab 12 – Länge: 117 min. – Start: 9.6.2011
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