zur startseite

zum archiv

zu den essays

 

 

Conan


 

In Marcus Nispels Neufassung des archaischen Fantasystreifens "Conan" wird der Held auf dem Schlachtfeld geboren.

Auf dem Schlachtfeld ist er geboren, der sterbenden Mutter mit dem Messer aus dem Leib geschnitten. In seiner Jugend hat Conan dann mitansehen müssen, wie die Armee des dunklen Fürsten Khalar Zym sein Heimatdorf Cimmeria vernichtete und seine Familie ermordete. Er selber ist entkommen, und als der Film ihn nach dem martialischen Vorspann wiederfindet, steht er an irgendeiner mediterranen Küste und lässt den Sand der Zeit durch die Finger fließen. Ein anarchistischer Freibeuter, der asiatischen und anderen Despoten zusetzt und leichtbekleideten Sklavenmädchen die Freiheit schenkt.

Doch sucht sein Widersacher Zym derweil die Überreste einer magischen Maske und außerdem die Priesterschülerin Tamara (Rachel Nichols), denn die hat "reines Blut”. Was auch immer das heißen mag. Der Film möchte das nicht so genau wissen; ist wahrscheinlich besser so. Maske plus reines Blut ergibt zumindest Weltherrschaft, Zym möchte außerdem seine verstorbene Gattin wiederbeleben und mit ihrer Hilfe eine Art Matriarchat errichten. Der echte Kerl Conan hat was dagegen.

Regisseur Marcus Nispel, ein in Deutschland geborener Michael-Bay-Protegé mit wuchernder Gesichtsbehaarung, ist, seinem schlechten Ruf in einschlägigen Netzdiskussionen zum Trotz, alles andere als talentfrei. Nur sucht er sich einerseits nicht unbedingt die allerinteressantesten Projekte aus: alle seine bisherigen Kinofilme sind Remakes, deren Ambitionen sich darauf beschränken, bewährte Stoffe in technischer Hinsicht auf den Stand der Zeit zu befördern. Und andererseits merkt man ihm seine Vergangenheit als Musikvideofilmer an: in seinen Filmen finden sich jede Menge großartige Einstellungen – im Erstling "Michael Bay’s Texas Chainsaw Massacre" ließ er die Kamera schon mal, der Gewehrkugel hinterher, durch einen durchschossenen Kopf hindurch rasen – und auch jedesmal einige herausragende Montagefolgen, aber vom Ganzen, oder auch nur von längeren Abschnitten her betrachtet, funktionieren sie weitaus schlechter.

"Conan" ist ein in kräftigen, dunklen Farben leuchtender, schnell erzählter B-Film, der sich eher an der literarischen Vorlage – einer Serie pulpiger Abenteuererzählungen des Low-Fantasy-Meisters und Lovecraft-Kumpels Robert E. Howard – als an der düsteren, verhältnismäßig ernsthaften ersten Verfilmung aus den achtziger Jahren mit Arnold Schwarzenegger orientiert. Die Fronten sind von Anfang an klar, die Bösewichter erkennt man an ihren Kinnbärten, zwischen den ziemlich rüden Actionsequenzen gibt es schamlos verkitschten Weichzeichnersex in der warmen, dunklen Grotte. Die Schauplätze entfalten sich adrett als dreidimensional animierte CGI-Panoramen, wechseln sich allerdings so schnell ab, dass keiner nennenswerten Eigenwert gewinnen kann.

Toll sind in "Conan" vor allem die Verfolgungsjagden: elegant gegeneinandergeschnittene Bewegungsvektoren, die sich so lange gegenseitig erhitzen, bis irgendwann ein Baum im Weg steht, oder eben Conans Faust. Auch der Hauptdarsteller, der hawaiianische Newcomer Jason Momoa, bisher hauptsächlich in kleineren Rollen in diversen Fernsehserien gesichtet, gefällt. Das harte Lächeln, das um seine Mundwinkel auch dann spielt, wenn er einen Sklaventreiber dem Plebs zum Fraß vorwirft, passt gut zu der unironischen – und schon auch ein wenig faschistoiden – Pulp-Mechanik eines Films, in dem, um ein Menschenopfer zu verhindern, ohne allzu viel Aufhebens ganze Hundertschaften mit Elan in die ewigen Jagdgründe befördert werden. 

Lukas Foerster

Dieser Text ist zuerst erschienen in: www.perlentaucher.de

Conan
USA 2011 – Originaltitel: Conan the Barbarian 3D – Regie: Marcus Nispel – Darsteller:Jason Momoa, Rachel Nichols, Stephen Lang, Rose McGowan, Said Taghmaoui, Ron Perlman, Leo Howard – Prädikat: wertvoll – Länge: 112 min. – Start: 8.9.2011

 

zur startseite

zum archiv

zu den essays