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Betrayal – Betrug

Zwei Jahre nach Beendigung des mehrjährigen Liebesverhältnisses zwischen Jerry und Emma kommt es zur Aussprache zwischen Jerry und Emmas Mann Robert. Doch fühlt sich der Liebhaber betrogen und nicht der Ehemann, denn Robert weiß schon seit vier Jahren von der Affäre, ohne daß Jerry weiß, daß Robert es weiß. Die beiden waren einmal die besten Freunde, gaben Literaturzeitschriften heraus, Jerry in Cambridge, Robert in Oxford, und Jerry war Trauzeuge bei Roberts Hochzeit. Und dann traf Jerry sich sieben Jahre lang mit Emma, nachmittags, in einer extra für den „Betrug“ gemieteten Wohnung. Inzwischen werden Robert und Jerry alle beide „betrogen", da Emma ein neues Verhältnis hat, mit einem Erfolgsautor, den Robert verlegt und den Jerry entdeckt hat und als Agent vertritt.

 

Harold Pinter schrieb ein geistreiches Drehbuch nach seinem Drei-Personen-Stück, und David Jones hat daraus eine leichtgewichtige, subtile schwarze Komödie gemacht. »Betrug« verfolgt das verzwickte Verhältnis zwischen den drei Hauptfiguren in die Vergangenheit zurück bis zu seinem Anfang in Emmas Schlafzimmer 9 Jahre zuvor. In Raum und Zeit konkreter bestimmt als die meisten Pinter-Stücke, lebt »Betrug« dennoch fast ausschließlich von dem beinahe ununterbrochenen Austausch vielsagender Banalitäten zwischen den drei Protagonisten. Ben Kingsley hat als Ehemann Robert einen stechenden arroganten Blick, hinter dem die Verletzlichkeit der Figur nur schwach durchscheint. Jeremy Irons’ Jerry dagegen ist romantisch und unreif und abhängiger von der selbstsicheren Emma (Patricia Hodge).

 

»Betrug« wirkt wie verfilmtes Theater, gleichwohl in der besten englischen Tradition. Schade, daß der deutsche Verleiher Concorde sich nicht entschließen konnte, den Film im Original mit deutschen Untertiteln zu zeigen. Trotz der sorgfältigen Synchronisation geht manche Pointe verloren, erscheint manche Banalität in der deutschen Sprache noch banaler.

 

»Betrug« macht aus seinem schweren Thema leichte Kost, ironisiert das Ritual der Männerbegegnung – im Film symbolisiert durch das nicht zustandegekommene Squash-Spiel – und analysiert modellhaft in den drei Figuren den engen Bezug zwischen Liebe, Freundschaft und Betrug.

 

Stephen Locke

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in: epd Film 3/1984

 

Betrayal -Betrug

BETRAYAL

Großbritannien 1982. Regie: David Jones. Drehbuch: Harold Pinter. Kamera: Mike Fash. Schnitt: John Bloom. Musik: Dominic Muldowmev. Ton: Brian Simmons. Bauten: Eileen Diss. Kostüme: Jane Robinson. Jean Muir. Produktion: Horizon Pictures. Produzent: Sam Spiegel. Verleih: Concorde. Länge: 2598 m (95 Min.). FSK: ab 16, ffr. Kinostart: 10.2.1984. FBW-Prädikat: wertvoll. Darsteller: Jeremy Irons (Jerry). Ben Kingsley (Robert), Patricia Hodge (Emma), Avril Elgar (Mrs. Jones), Ray Marioni (Kellner), Casper Norman (Sam), Chloe Billington (Charlotte, 5 Jahre alt). Hannah Davis (Charlotte, 9 Jahre alt).

 

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