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Away
We Go
Stabil
ist nur die Beziehung
Das
junge Paar Burt und Verona ist schwanger und auf der Suche nach einer Ersatzgroßfamilie.
Und das Roadmovie beginnt.
Sie
sind dreißig, supersympathisch und schwanger. Burt und Verona leben irgendwo
in den USA auf dem sehr platten Land. Freunde haben sie nicht, nur sich selbst
und Jobs, die sie jederzeit verlieren können. Burt gibt per Telefon den
Anlageberater, Verona ist freie Illustratorin: Voilà, das zeitgenössische,
gebildete, sexy und heimatlose Prekariat. Das in Sam Mendes neuestem Film "Away
We Go" freilich sesshaft werden will. Wegen des kommenden Kindes. Was tun,
wenn die Beziehung der einzige stabile, nicht kommerzielle Kontakt ist? Kurzerhand
beschließen die beiden, ihre wenigen Bekannten als Ersatzgroßfamilie
auszutesten. Die leben in den USA und Kanada verstreut: Das Roadmovie beginnt.
Wie
auch schon in "American
Beauty"
und "Zeiten
des Aufruhrs"
seziert Mendes die Beziehung zwischen Mann und Frau unter amerikanischen Bedingungen
und setzt dabei auf Punchlines und komplett durchkomponierte Bildeinstellungen.
Vor allem Farbharmonien sind dem ehemaligen Theaterregisseur wichtig. Die Kleider
der Protagonisten passen stets perfekt zu ihrem Auto, einem blauen Volvo, und
alles gemeinsam zur Tönung des Himmels.
Für
Disharmonie sorgt diesmal allein die Außenwelt. Alle Paare, auf die der
bärtige Burt und die sommersprossige Verona treffen, sind mehr oder weniger
schrecklich und eignen sich überhaupt nicht als erweitertes Wohnzimmer
für ihre zukünftige Kleinfamilie. Sie sind verspießert, auf
dem Esotrip, frustriert. Denn, so stellt Verona eines Abends im Bett fest: "Keiner
liebt sich so wie wir uns lieben. Was tun wir bloß?" – "Wir
ziehen es durch", sagt Burt.
Warum
aber verfährt Mendes so ängstlich mit seinem ersten funktionierenden
Paar? Warum dürfen diese sich bei aller Liebe nie streiten? Warum müssen
alle anderen als traurige Idioten dargestellt werden, nur damit Burt und Sommersprosse
Publikumslieblinge bleiben? Vielleicht hängt seine Ängstlichkeit damit
zusammen, dass Paare, die im Umgang miteinander auf keine patriarchale Hierarchie
zurückgreifen, die sich unaufgeregt auf Augenhöhe begegnen, eine Seltenheit
sind. Im Leben und im Film. Das Ausscheren aus klassischen Repräsentationsmustern
scheint Mendes’ ganzen Mut aufgezehrt zu haben. Für interne, gar innere
Konflikte blieb kein Platz. Schade, denn die radikale Konfliktvermeidung mündet
auch hier wie so oft in Regression. Und so landen auch Burt und Verona am Ende
allein im Landhaus ihrer verstorbenen Eltern. Nach der Odyssee sind sie bereit,
deren Platz einzunehmen. Wie trostlos einfallslos.
Ines
Kappert
Dieser
Text ist zuerst erschienen in der: taz
Away
We Go – Auf nach Irgendwo
USA / Großbritannien 2009 – Originaltitel: Away We Go – Regie: Sam Mendes – Darsteller: John Krasinski, Maya Rudolph, Jeff Daniels, Catherine O’Hara, Allison Janney, Jim Gaffigan, Carmen Ejogo, Maggie Gyllenhaal – FSK: ab 12 – Länge: 98 min. – Start: 15.10.2009
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