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Auf der anderen Seite des Bettes

 

 

 

Ariane, Hausfrau, Mutter und nebenberufliche Schmuckvertreterin in einer französischen Vorstadt, schläft gerne etwas länger. Entspannen kann sie dabei nicht, weil während des Morgenschlummers ein Endlosfilm in ihrem Kopf abrollt: Zahllose berufstätige Mütter schultern in Arianes Konkurrenzträumen die Doppelbelastung mit links, während die Heldin in ihrem Alltag von einem Fallstrick zum nächsten stolpert. Und dann wird noch das Haus renoviert!

 

„Bin ich beim Geheimdienst angestellt?", fragt Ariane eines Feierabends ihren Gatten Hugo, weil keiner bemerke, was sie leiste. Hugo ist Chef einer Firma im Baugewerbe und staunt nicht schlecht, als Ariane ihr im Verlauf des folgenden Krachs mit der Faust ins Gesicht schlägt. Hugos Lippe hat einen Sprung und seine Ehe auch.

 

Das verunsicherte Paar heuert einen Partnerschafts-Coach namens Maurice an, der Ariane in ihrem Vorhaben bestärkt, ihre männlichen Anteile zu aktivieren und Hugo zum Rollentausch zu drängen. „Lasst Euch lieber scheiden", schlagen Hector und Louise, die Kinder vor, aber zu spät: Hugo fügt sich in die traditionell „weibliche" Rolle, während Ariane in der Gerätepark-Firma ihren Mann zu stehen versucht. Es ist klar, dass es für beide ein Neuanfang mit Hindernissen wird.

 

Treibende Kraft des Tausch-Unternehmens ist logischerweise Ariane. Während Hugo nun die Kinder mit dem rosa Kleinwagen zur Schule bringen muss, übt Ariane auf dem Arbeitsweg im Rückspiegel des metallicfarbenen Jaguars markig-männliches Gehabe. „Auf der anderen Seite des Bettes" will sie nun auch nächtigen. Obwohl die Genderforschung bisher nie von geschlechtsspezifischen Betthälften berichtet hat: Die unbeschwerte Art, mit der in Pascal Pouzadoux’ Ehekriegskomödie mit Geschlechterklischees jongliert – sogar mit erfundenen – macht über weite Strecken Spaß.

 

Zwar überrumpelt das Drehbuch von Pouzadoux und Grégoire Vigneron selten mit Originalität, aber die Stars Sophie Marceau und Dany Boon wissen ihren typenhaft angelegten Figuren Charaktertiefe und Charme abzugewinnen. Ebenso überzeugen Antoine Duléry in der Rolle des Gelegenheits-Paartherapeuten (der eigentlich Gerichtsvollzieher ist) und Anne Duperey als Arianes Mutter, die schließlich mit Maurice anbändelt.

 

Zu kurz kommen die Kinderrollen, was erst in jenem Moment störend auffällt, als Ariane und Hugo in ein vom Steppke Hector mit Graffities beschmiertes Klassenzimmer zitiert werden. Um die Verstörung des Nachwuchses über den Rollentausch der Eltern zu signalisieren, lässt Pouzadoux den Jungen Zwittersymbole auf die Schulwände malen, was unmotiviert und überzogen wirkt. Überhaupt scheint das Grundmuster dieser Romanverfilmung (Autorin: Alix Girod de l’Ain) um mindestens 10 Jahre verspätet, weil die abweichenden Rollenbilder, die Ariane und Hugo im Verlauf der Geschichte für sich entdecken, gar nicht mehr neu und ungewöhnlich sind.

 

Ähnlich wie Hugo, der bei seinen Modeschmuck-Hausbesuchen gewinnsteigernd die Kundinnen bezirzt, weil er seine weibliche Seite begriffen hat, wurde schon Dustin Hoffmann als „Tootsie" mittels hoher Absätze zum einfühlsameren Mann. Ganz zu schweigen von Howard-Hawks’ Western und Komödien, die schon ab den 1930er-Jahren das Mann-Frau-Schema durcheinanderwirbelten.

 

Ohne neue Genderfragen aufzuwerfen, ist die französische Neuproduktion dennoch ein schönes Unterhaltungsstück – und sie punktet mit guter Kameraarbeit (Pierre Gill) sowie traumhaft-farbenprächtiger Ausstattung (Philippe Chiffre).

 

Jens Hinrichsen

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in: film-Dienst

 

Auf der anderen Seite des Bettes

Frankreich 2008 – Originaltitel: De l’autre côté du lit – Regie: Pascale Pouzadoux – Darsteller: Sophie Marceau, Dany Boon, Antoine Duléry, Roland Giraud, Anny Duperey, Juliette Arnaud, Ninon Mauger, Clémot Couture – FSK: ab 6 – Länge: 92 min. – Start: 28.1.2010

 

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