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Auf
brennender Erde
Verbotene Liebe
Irgendwo in der Wüste New Mexicos brennt ein Trailer. Irgendwo
im regnerischen Nordwesten der USA steht eine Frau nackt, rauchend und sinnierend
am Fenster. Irgendwo in Mexiko stürzt ein Flugzeug in ein Getreidefeld.
Irgendwo in New Mexico verlieben sich zwei Erwachsene, wiewohl anderweitig verheiratet,
ineinander. Und kurz darauf verlieben sich auch noch zwei junge Menschen ineinander,
ganz schüchtern, aber sehr mutig. „Auf brennender Erde“ erzählt a-chronologisch
und in Schlaglichtern; er springt zwischen den Zeiten und Orten, scheinbar,
wie es ihm beliebt. Die filmischen Puzzleteilchen sind für sich interessant,
verdichten sich allmählich, fügen sich aber lange nicht in eine Erzählung,
sondern kreisen um einen verdeckten Kern. Der Mexikaner Guillermo Arriagas hat
dieses komplexe Erzählverfahren als Drehbuchautor zu seinem Markenzeichen
gemacht und konnte so in Zusammenarbeit mit den Regisseuren Alejandro Gonzáles
Iñárritu („Amores Perros“, „21 Gramm“) und
Tommy Lee Jones („Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“) originell und durchaus Sinn stiftend über soziale Vernetzungen
und das »Walten des Schicksals« sprechen. Doch bereits mit „Babel“ verkam
das Überraschende zur Routine und schmeckte nur noch kunstgewerblich und
prätentiös. Nur noch selbstgefällig erscheint das Verschachteln
von Erzähl- und Zeitebenen jetzt bei Arriagas Regiedebüt „Auf brennender
Erde“, denn der Film ist ein triviales Melodram in kostbarer „Arthaus“-Verkleidung
mit exquisiter Besetzung. Was durchaus ansehnlich wäre, hätte der
Filmemacher seinen Stoff nicht erst mit Anstrengung verrätselt, um die
Puzzleteilchen in der zweiten Hälfte penibel wie ein Buchhalter zu ordnen,
bis der Film auch seinen letzten Funken Geheimnis verloren hat und man sich
im ARD-Vorabendprogramm wähnt. Sieht man das ganze Bild, wird hinter dem
schönen Chaos und der Kontingenz ein spießiger Schuld-Determinismus
sichtbar, der schon Gerhart Hauptmann hätte gähnen lassen.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen in der: Stuttgarter
Zeitung
Auf brennender Erde
USA / Argentinien 2008 – Originaltitel: The Burning Plain – Regie: Guillermo
Arriaga – Darsteller: Charlize Theron, Kim Basinger, John Corbett, Joaquim de
Almeida, Danny Pino, José Maria Yazpik, Jennifer Lawrence, Robin Tunney
– FSK: ab 12 – Länge: 107 min. – Start: 26.5.2011
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