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The
13th Floor
Der
Titel ist das Beste. „The 13th Floor" bezeichnet offiziell jene Etage des
High-Tech-Konzerns von Hannon Fuller (Armin Mueller- Stahl), in der man sich
aus dem Jahre 1997 in das virtuelle Los Angeles von 1937 hineinversetzen kann.
Insofern ist dieses 13. Stockwerk eine Schnittstelle zwischen den Welten. Gleichzeitig
aber liest sich der Titel wie eine Selbstanzeige, mit dem Josef Rusnaks Film
seine eigene Trend- und Zeitgeist-Gebundenheit eingesteht. So gesehen gibt er
sich als der 13. Anbau auf jenem aktuellen Kino-Gebäude zu erkennen, in
dem seit einigen Jahren neue Medien und scheinbare oder virtuelle Realitäten
(also Kino) mit Fragen nach Identität und (Selbst-)Erkenntnis kombiniert
werden. Wo dabei das Erdgeschoss, die Basis, zu verorten wäre, ist eine
spannende Frage – vielleicht bei Blade
Runner.
In den unteren Stockwerken würde man aber in jedem Fall wohl bald auf Total
Recall
stoßen, ein bisschen weiter oben – so etwa in der Mitte um Etage sieben
herum – auf Kathryn Bigelows unterschätzten Strange
Days
(der wohl nicht zufällig ab Dezember wieder aufgeführt wird), wenig
später auf Nirvana,
The
Game
und Dark
City.
Lieblicher und auffallend heller eingerichtet würden dann Die
Truman Show
und
Pleasantville
folgen, bevor man es in Stockwerk zwölf mit Matrix,
EXistenZ
und Fight
Club
zu tun bekäme.
Diese
Kontinuität wird für die aufwendig gestylte und vom Ehepaar Emmerich
produzierte deutsch-amerikanische Koproduktion zu einer – um im Titel-Bild zu
bleiben – reichlich hohen Hypothek. All jene, die schon die eine oder andere
Wohnungsbesichtigung in anderen Etagen hinter sich gebracht haben, dürften
von Anfang an wissen, auf was die Geschichte letztlich hinauslaufen muss.
Als
ob The
13th Floor
im Angesicht dieser Hausgemeinschaft schon vor dem ersten Bild ordentlich Gewicht
und Tiefe in der Sache behaupten wollte, muss als Prolog kein geringerer als
Descartes herhalten. „Ich denke, also bin ich", prangt es groß und
schneidig auf der Leinwand, bevor Armin Mueller-Stahl als entsetzter Erfinder
Hannon Fuller mit dem ersten Satz des Films die Erkenntnisschraube noch um ein
paar Umdrehungen anzieht: „Es heißt, ‘Unwissenheit ist ein Segen’. Zum
ersten Mal in meinem Leben stimme ich dem zu …" Dem ist eigentlich nichts
hinzu zu fügen.
Wer
es aber nicht mit Hannon Fuller halten möchte, für den oder die ist
die Geschichte von The
13th Floor
rasch erzählt. Fuller, kein Geringerer als „der Einstein unserer Generation",
wird kurz nachdem er sich mal wieder in seine selbst gebaute, virtuelle Welt
von 1937 „downgeloadet" und dort für seinen Mitarbeiter und Ziehsohn
Douglas Hall (Craig Bierko) eine wichtige Botschaft hinterlassen hat, ermordet.
Als durch das plötzliche Auftauchen seiner bis dato unbekannten Tochter
Jane (Gretchen Mol) klar wird, dass Fuller das Experiment mit dem Welten-Wandern
via Etage 13 beenden wollte, wird Mitarbeiter und Alleinerbe Hall zum Hauptverdächtigen.
Wie es dem schieren Schematismus so gefällt, muss auch er sich in die Welt
der selbstständigen Cyberwesen von 1937 einspeisen, d.h. sich in eine dortige
„Identitätseinheit" verwandeln, um das Rätsel um Fullers Tod
lösen zu können. Das geht so: „Mein Körper ist hier, während
ich mich in die Wahrnehmung einer Identitätseinheit einklinke." Erwartungsgemäß
vertrackt wird die ganze Chose dann noch dadurch, dass Hall tatsächlich
am Morgen nach dem Mord an Fuller Blut an seinem Hemd entdeckte, und dass ein
allzu langes Verbleiben in der virtual reality zu „Bewusstseins-Überlappungen"
führt.
So
tritt die zähe Regel der ewigen Wiederholung des Immergleichen auf den
Plan: Die Computerfreaks Hall und sein Partner Whitney (Vincent D’Onofrio) dürfen
über die Seele von „Identitätseinheiten" philosophieren und die
Frage wiederkäuen, wo der Unterschied zwischen der computergenerierten
und ihrer eigenen Realität liegt. Die Frau im Bunde muss erstmal das Mysterium
bleiben, als das sie qua Weiblichkeit ja prädestiniert ist, bis unser Held
Hall das große Geheimnis entdeckt, das hier nicht verraten werden soll,
weil es einfach zu nahe liegt.
Vergleichsweise
spannend könnte man dagegen finden, wie ungeheuer kalt einen dieser Film
trotz seiner ja gerade im Kino eher beunruhigenden Thematik um Identität
und bewegte Bilder lässt. Neben dem Bekanntheits- bzw. Sättigungsgrad
des Sujets mag dies auch an dem ungeheuren Aufwand liegen, mit dem hier die
Kunstwelten ins Bild gesetzt werden; an dem Grad der „Perfektion", mit
der dieser Film seine Vorgabe, den common sense, erfüllt. Die High-Tech-Zukunft
schimmert grünlich metallen, die dreißiger Jahre sind eher braun.
Das gibt Sicherheit. Nämlich jene, dass jede vormals aufsehenerregende
und überdies erfolgreiche Idee in dieser Ökonomie bis zur totalen
Belanglosigkeit ausgebeutet werden muss. Aber das ist eine genauso billig zu
habende Erkenntnis wie jene, dass – zumindest was diesen Film anbetrifft – Unwissenheit
ein Segen ist.
Jan
Distelmeyer
Diese Kritik ist zuerst erschienen in: epd film
The
13th
Floor
the
thirteenth floor
BRD/USA
1999. R: Josef Rusnak. B: Josef Rusnak, Ravel Centeno-Rodriguez. P: Roland Emmerich,
Ute Emmerich, Marco Weber. K: Wedigo von Schultzendorff. Sch:
Henry Richardson. M:
Harald Kloser. T:
Jose Antonio Garcia, Bobby Anderson. A:
Kirk M. Petrucelli, Barry Chusid. Ko:
Joseph Porro. Sp: Joe Bauer, Das Werk. Pg: Centropolis Entertainment. V: Jugendfilm.FSK:
12, ffr. L: 100 Min. St: 25.11.1999. D: Craig Bierko (Douglas Hall/ Ferguson/David),
Gretchen Mol (Jane/Natasha), Vincent D’Onofrio (Whitney/ Ashton), Armin Mueller-Stahl
(Hannon Fuller/Gierson), Dennis Haysbert (Detective Larry McBain), Steven Schub
(Zev Bernstein), Jeremy Roberts (Tom Jones).
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