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Angelockt
Schlingen
der Angst
Zweimal Douglas
Sirk auf DVD
Douglas Sirks Meistermelodramen aus den 50er-Jahren
können einem immer wieder die Tränen in die Augen treiben. Vorausgesetzt
allerdings, dass man die artifizielle Schönheit seiner Filme mag, und,
auch nicht unwichtig: dass man die Filme überhaupt zu sehen bekommt! Leider
ist das deutsche DVD-Angebot in Sachen Sirk schlicht zum Heulen. Aus seiner
Reifezeit ist bei uns nur „In den Wind geschrieben“ erhältlich, wenngleich
neuerdings auch eine hochkarätige „Universal“-Kassette mit sieben Filmen
als rein englischsprachiger Import bestellt werden kann. Da muss man für
Technicolor-Tragödien wie „All that Heaven allows“ oder „Imitation of Life“
jedoch einiges berappen. Abgesehen von drei Filmen, die Sirk bis 1937 in Deutschland
drehte, bleibt das hiesige Sortiment also eher dünn. Gegenüber einem
Sirk’schen Oeuvre von insgesamt 40 Filmen. Wie schön, dass Kinowelt mit
zwei Ausgrabungen aus dem Produktionsjahr 1947 beweist, dass Sirk bereits im
Hollywood der 40er auf sein überragendes Inszenierungstalent aufmerksam
zu machen wusste.
Im Fall von „Lured“ der unter dem Titel „Angelockt“
in einer keimfreien Fernsehsynchronisation vorliegt (da schaltet man lieber
gleich auf die Originaltonspur), macht sein Regisseur gar keinen Hehl aus dem
B-Movie-Status des Films. Im Gegenteil sind Genre-Switching und Stilbruch Tugenden
des Films. Die Story steckt voller Überraschungen, ist mal fesselndes Whodunnit
à la Agatha Christie, mal Jack-the-Ripper-Geschichte, mal Screwball-Comedy.
Die handelnden Personen entsprechen diesem Pasticcio-Prinzip: Sirk selbst betonte,
das seine Hauptfiguren fast durchweg vorgeben „etwas anderes zu sein, als das,
was sie wirklich sind“ und besetzte sie bewusst am Typ vorbei: Die vor allem
aus dem komischen Fach bekannte Lucille Ball spielt eine beherzte Eintänzerin,
die von Scotland Yard als Lockvogel angeheuert wird, um einen Serienmörder
dingfest zu machen. Hollywoods Spezialist für steinreiche Schwerenöter,
Charles Coburn, gibt hier den väterlichen Polizeiinspektor. Und Horrorveteran
Boris Karloff ist in einer eher tragikomischen denn gruseligen Neben-Episode
zu sehen. Sinnvoll ergänzt wird die DVD durch den zuschaltbaren Analyse-Kommentar
des Filmhistorikers Marek Bringezu.
Auch „Schlingen der Angst“ wird von Bringezu eloquent
begleitet, wenngleich die Kommentar-Aufnahmen in beiden Fällen an Sorgfalt
zu wünschen übrig lassen (kleinere Versprecher, laienhafte Diktion
des Autors/Sprechers). Im Original heißt der im Vergleich zu „Lured“ atmosphärisch
noch dichtere Film „Sleep my Love“. In dieser Variation des Verschwörungs-Thrillers
in der Tradition von „Das Haus der Lady Alquist“ verkörpert Claudette Colbert
eine gut situierte, zum Schlafwandeln neigende New Yorkerin, welche ihr Gatte
mittels Hypnose in den Tod treiben will. „Schlingen der Angst“ ist ein typischer
Film Noir mit komödiantischen Einschüben, die manchmal an Hitchcocks
Bestrebungen nach comic relief erinnern. Die exzellent-expressive Schwarzweißfotografie
stammt übrigens von Joseph Valentine, mit dem Hitchcock drei Filme drehte.
Neben Don Ameche als verschlagenem Gatten, Hazel Brooks als bösem Vamp
Daphne und Robert Cummings in der Rolle des Rivalen und Retters (wie auch später
in Hitchcocks „Bei
Anruf Mord“) spielt das düstere
Haus der Eheleute einen zentralen Part: Mit monströser Wendeltreppe, einem
urwaldartigen Wintergarten und üppig gerahmten Spiegeln, in denen sich
das voneinander entfremdete Ehepaar reflektiert – ein typisches Sirk-Motiv,
dem man in seinen großen Melodramen auf Schritt und Tritt wieder begegnet.
Jens Hinrichsen
Diese Rezension
ist zuerst erschienen in: film-dienst
Angelockt
LURED
USA
– 1946 – 100 min. – schwarzweiß – Erstaufführung: 9.2.1975 ARD –
Produktionsfirma: United Artists – Produktion: James Nasser
Regie:
Douglas Sirk
Buch:
Leo Rosten
Kamera:
William H. Daniels
Musik:
Michel Michelet
Schnitt:
John M. Foley, James E. Newcom
Darsteller:
George
Sanders (Robert Fleming)
Lucille
Ball (Sandra Carpenter)
Charles
Coburn (Inspektor Temple)
Cedric
Hardwicke (Julian Wilde)
Boris
Karloff
Schlingen
der Angst
SLEEP
MY LOVE
USA
– 1947 – 97 min. – schwarzweiß – FSK: ab 16; nicht feiertagsfrei – Verleih:
Constantin – Erstaufführung: 1950 Kino/31.3.1973 ZDF – Produktionsfirma:
United Artists – Produktion: Charles "Buddy" Rogers, Ralph Cohn
Regie: Douglas
Sirk
Buch: St.
Clair McKelway
Vorlage:
nach einem Roman von Leo Rosten
Kamera:
Joseph Valentine
Musik:
Rudy Schrager
Darsteller:
Claudette
Colbert (Alison Courtland)
Robert Cummings
(Bruce Elcott)
Don Ameche
(Richard Courtland)
Hazel Brooks
(Daphne)
Rita
Johnson (Barby)
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