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Der
Dialog
Coppolas
stilistisch vielleicht bester und persönlichster Film (neben dem allseits
glorifizierten „Paten“)
ist der zwischen dem ersten und zweiten Teil der Erfolgsserie entstandene „The
Conversation“. Modernen Zuschauern wird der Film u.U. hauptsächlich Ungeduld
verursachen, doch wer sich die Mühe macht, sich auf den Film einzulassen,
wird mit einem der besten Filme der 70er belohnt.
„Der
Dialog“ wirft einige Ähnlichkeiten zu Antonionis „Blow
Up“
von 1966 auf, in dem David Hemmings als Fotograf glaubt, versehentlich einen
Mord fotografiert zu haben und sich mit einer Leiche in einem Park konfrontiert
sieht, bis ihm die Abzüge gestohlen werden und er sich am Ende nicht mehr
sicher ist, was Realität oder was Traum war.
Die
70er waren jedoch nicht mehr so „swinging“, die Politik hatte ihre Schattenseiten
präsentiert, eine kritische Einstellung war modern und die Paranoia vor
der Obrigkeit gewann im Film an Bedeutung. Der Hauptdarsteller dieses Films,
Harry Caul, ist dann auch die wesentlich persönlichere Verkörperung
der menschlichen Verunsicherung, kein zugänglicher Charakter, aber ein
verständlicher. Er ist ein Abhörspezialist, dessen Jobs offenbar schon
einmal dazu geführt haben, daß die Ziele seiner Observierung ermordet
wurden. Das hat ihn verschlossen und ängstlich gemacht, bockig beharrt
er darauf, nur seinen Job zu machen und sich für Inhalte nicht zu interessieren,
doch er kann dem Rätselspiel seines aktuellen Auftrags nicht entkommen.
In
den taucht der Zuschauer schon mit den Vortiteln komplett ein. Von drei Punkten
aus überwachen Harry und seine Leute ein junges Pärchen auf einem
sehr belebten Platz zwischen Bürogebäuden in der Mittagspause. Die
Kamera fährt aus erhöhter Position auf den selbst agierenden Harry
zu, der sich letztendlich alleinig im Fokus wiederfindet, die Individualität
schon hier vom Auge der Kamera bedroht. Die aufgenommene Unterhaltung des Paares
scheint komplett unverfänglich, obwohl sie sich anscheinend verfolgt fühlen.
Später erst wird Harry die Unterhaltung, den Dialog aus drei Spuren in
seinem Büro zusammensetzen. Langsam, sehr langsam, vermeint er eine latente
Bedrohung für die beiden Personen herauszuhören. „Er würde uns
umbringen, wenn er es wüßte!“ – dieser Satz wird zum Schlüssel
für Harry, dessen altes Trauma an die Oberfläche driftet.
Caul
selbst hat mit der menschlichen Gesellschaft kaum noch Kontakte. Seine Wohnung
ist speziell abgesichert und das Eindringen einer Hauswirtin mit dem Nachschlüssel
macht ihn panischer, als es nötig wäre (sie wollte ihm nur ein Geschenk
bringen). Ein relativ naives Mädchen, zu dem er noch körperlichen
Kontakt pflegt, gibt ihn schließlich auf, seine unpersönliche Haltung
läßt sie verzweifeln. Selbst auf einer Messe für Abhörspezialisten,
mit Kollegen, kommt er nie aus seinem Schutzpanzer, sich selbst höchst
effektiv isolierend. Eine zeitweise Öffnung zu einer Frau wird dann auch
sofort bestraft, der Hauch einer Offenbarung seines Inneren wird von einem Kollegen
aufgenommen und als technischer Beweis für das Funktionieren seiner Anlagen
präsentiert, doch Caul sieht sich lediglich bloßgestellt.
Letztendlich
glaubt er zwanghaft, seinen letzten Auftrag untersuchen zu müssen, denn
auch der Untergebene seines Auftraggebers (Harrison Ford in einer ekligen frühen
Rolle) verhält sich seltsam und macht bedrohliche Andeutungen. Der genannte
Treffpunkt des Paares läßt ihn schließlich Zeuge eines Mordes
werden, der Harry aber nicht heilt, sondern erst recht paralysiert. Erst der
kommende Tag und das tatsächliche Geschehen beweisen ihm, wie verloren
er selbst ist, indem er sich ausschließlich auf seine Geräte verlassen
hat. Ihm widerfährt ein grotesker Irrtum beim Verständnis der Informationen,
der ihn letztendlich seiner größten Angst ausliefert: von nun an
wird er selbst als Risikofaktor überwacht, kann jedoch trotz der Zerstörung
seiner kompletten Wohnung die Überwachungsanlagen nicht finden. Das Schlußbild,
daß Caul als zerstörtes Individuum inmitten der Wohnungstrümmer
Saxophon spielend zeigt, präsentiert die ganze Verlorenheit und Verstörung
des Menschen gegenüber dem System.
Coppolas
Inszenierung ist ruhig, fast zu bedächtig, bedient sich aber einer sehr
ausgefeilten Bildsprache und führt den Zuschauer fast traumartig an das
Rätselspiel heran, daß sich ebensogut als Halluzination hätte
entpuppen können. Jede Einstellung hat ihre besondere Bedeutung und Gene
Hackmans detaillierte und intime Darstellung des kontrollierten Menschen, von
innen und außen, ist eine Offenbarung. Allerdings bedarf es einiger Geduld,
sich dieses Schatzes erst einmal bedienen zu können.
Silvan
Prefetzky
Dieser
Text ist zuerst erschienen in: www.ofdb.de
Zu diesem Film gibt es im archiv mehrere Texte
Der
Dialog
THE
CONVERSATION
USA
– 1973 – 113 min. – Thriller, Drama – FSK: ab 16; feiertagsfrei – Prädikat:
besonders wertvoll – Verleih: CIC – Erstaufführung:12.9.1974/26.3.1976
Kino DDR – Fd-Nummer: 19008 – Produktionsfirma: The Directors Company
Produktion:
Francis Ford Coppola
Regie:
Francis Ford Coppola
Buch:
Francis Ford Coppola
Kamera:
Bill Butler
Musik:
David Shire
Schnitt:
Walter Murch, Richard Chew
Darsteller:
Gene
Hackman (Harry Caul)
John
Cazale (Stan)
Allen
Garfield (Bernie Moran)
Frederic
Forrest (Mark)
Cindy
Williams (Ann)
Michael
Higgins (Paul)
Elizabeth
MacRae (Meredith)
Teri
Garr (Amy)
Harrison
Ford (Martin Stett)
Robert
Duvall (Direktor) (ungenannt)
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