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Der
Dialog
„Das
Gesetz der Konversation ist die Unterbrechung“
Ein
professioneller Lauscher hat vor allem für zwei Dinge zu sorgen: Er sollte
auf dem neuesten Stand der Technik sein, und er sollte unter welchen Bedingungen
auch immer für eine optimale Übertragung sorgen, d.h. er sollte seine
Technik auch tatsächlich einsetzen können. Ein Drittes sollte er tunlichst
unterlassen: verstehen wollen. Die Semantik ist allein Sache seiner Auftraggeber.
In dem Moment, in dem ein abgehörtes Gespräch verständlich (gemacht)
ist, kann sich der Abhörer auf den Weg machen und sein Geld kassieren.
John
Caul (Gene Hackman) ist auf seinem Gebiet ein ganz Großer, ja eigentlich
der Größte. Er entwickelt nicht nur brillante Ideen, mit geringstem
Aufwand beste Ergebnisse zu erzielen, er bringt die Technik selbst auch noch
voran. Er ist diskret, er denkt nicht über sich nach, und er kann Frauen
verlassen, wenn sie zu viel über ihn wissen wollen. Und dann erwischt es
ihn doch. Ein junges Pärchen wird belauscht. Das Ergebnis ist durchwachsen.
Zuviel Rauschen an wichtigen Stellen. Caul verfügt über die passenden
Filter.
Und
dann hört er den Satz: „Er würde uns ermorden, wenn er könnte.“
Caul fängt an zu denken. Vielleicht fängt er überhaupt erst an
zu denken, weil ihn seine Vergangenheit einholt, die er bislang gut verdrängt
hat. Vor einigen Jahren hatte die vorbildliche Erledigung eines Jobs den Tod
dreier Menschen zur Folge gehabt. Bisher konnte Caul sich die Moral immer durch
den schönen Spruch vom Leibe halten, dass er nur seinen Job mache. Jetzt
beginnt er einzusehen, dass sein Tun wirkliche Folgen hat. Er wird nervös.
Vergrault seinen Mitarbeiter. Hält übergeflissentlich an dem Dienstweg
fest, nur dem Auftraggeber selbst die geforderten Bänder zu übergeben.
Außerdem gehen ihm die Sätze von den Menschen in Not, wie er annimmt,
nicht mehr aus dem Kopf. Auf den Bändern ist von einem Hotel die Rede.
Ein Datum wird auch genannt. John Caul mietet sich ein, installiert seine Anlage.
Hört Stimmen. Dann geht er in das genannte Zimmer. Alles ist leer, es gibt
keine Spuren, die auf irgendetwas hinweisen.
Allein
die Indizien mehren sich, dass Caul sich selbst nicht mehr im Griff hat. Seine
Fantasie geht mit ihm durch, ein Psychiater würde von Paranoia sprechen.
Cauls Problem: Er hat sich zu schnell einen Reim auf seinen Text gemacht. In
dem Moment, in dem er ein paar Schallwellen gewissermaßen apperzeptive
Gestalt gegeben hat, hat er sofort mit der Konstruktionsarbeit begonnen, die
sich allerdings wie von selbst gemacht hat. Das ist ja der Trick mit der Gestalttheorie,
dass man nur ein paar wenige Basics braucht, um ansehnliche Ergebnisse zu erzielen.
Der Text ist zwar klar, die Wirklichkeit bleibt aber verzerrt. Caul ist nicht
Gott. Er kennt nur Ausschnitte. Und die setzt er zusammen, wie er will. Im paradoxen
Sinn von unwillkürlich. Am Ende ist sein Auftraggeber tot.
War
Caul wirklich so blind, diese Möglichkeit nicht in Betracht zu ziehen?
Die Fotos von der jungen Frau und dem Chef. Eine Eifersuchtsgeschichte. Einer
zuviel. Und der konspirative Treffpunkt in dem Park war nicht der von potentiellen
Opfern einer Intrige, sondern der von zukünftigen Tätern, die sehr
professionell agierten. Und weil Caul das jetzt weiß, weiß er schon
wieder zu viel. Dieser Fall ist noch nicht zu Ende. Und Caul vielleicht auf
ewig der beobachtete Beobachter. Paranoia pur. Wenn da nicht die Musik wäre.
Dieter
Wenk
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
Zu diesem Film gibt es im archiv mehrere Texte
Der
Dialog
THE
CONVERSATION
USA
– 1973 – 113 min. – Thriller, Drama – FSK: ab 16; feiertagsfrei – Prädikat:
besonders wertvoll – Verleih: CIC – Erstaufführung:12.9.1974/26.3.1976
Kino DDR – Fd-Nummer: 19008 – Produktionsfirma: The Directors Company
Produktion:
Francis Ford Coppola
Regie:
Francis Ford Coppola
Buch:
Francis Ford Coppola
Kamera:
Bill Butler
Musik:
David Shire
Schnitt:
Walter Murch, Richard Chew
Darsteller:
Gene
Hackman (Harry Caul)
John
Cazale (Stan)
Allen
Garfield (Bernie Moran)
Frederic
Forrest (Mark)
Cindy
Williams (Ann)
Michael
Higgins (Paul)
Elizabeth
MacRae (Meredith)
Teri
Garr (Amy)
Harrison
Ford (Martin Stett)
Robert
Duvall (Direktor) (ungenannt)
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