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Dead
End
And
the Road leads to Nowhere
Wie
die Science Ficiton ist auch das Horror-Genre von seinen Ursprüngen her
ein Genre der kurzen Formate: Von der Gothic Novel mit ihren Kurzgeschichten
über die kurzen Horror-Filme der frühen Stummfilmzeit (die früheste
noch erhaltene Frankenstein-Adaption
von 1910 ist gerade mal 16 Kinuten lang) bis hin zu den Fernsehserien (Outer
Limits, Amazing, Twilight Zone,
…) der 50er und 60er Jahre: Kurz und prägnant haben sich die Stoffe schon
immer am intensivsten vermitteln lassen. Der Debütfilm von Jean-Baptiste
Andrea und Fabrice Canepa Dead
End
steht in genau dieser erzählerischen Tradition und das, obwohl er 85 Minuten
lang ist.
Erzählt
wird die Geschichte eines Weihnachtsausfluges. Vater Frank, Mutter Laura, Tochter
Marian und ihr Verlobter Brad sowie ihr kleiner Bruder Richard wollen aus Familientradition
wie jedes Jahr den Großeltern mütterlicherseits einen Besuch abstatten.
Ausnahmsweise fährt Frank einmal nicht den Highway, sondern versucht eine
neue Route über die Landstraße. Nach einigen Kilometern überfährt
er im Halbschlaf fast eine Frau mit einem Baby im Arm, die mitten in der Nacht
verwirrt auf der Straße steht. Die Begegnung mit dieser Frau, die nicht
die einzige während des Films bleiben soll, wird zum Verhängnis für
die Familie. Nach und nach verschwindet einer nach dem anderem im Dunkel, wird
kurze Zeit später in einem vorbeifahrenden Leichenwagen wieder gesehen
und dann nur noch als zerhackter oder verbrannter Kadaver am Straßenrand.
Die Fahrt über die Straße dauert Stunden, ohne dass irgend ein Ziel
in Sicht wäre. Verfolgt von unheimlichen Phantomen, die am Straßenrand
auftauchen, verlieren diejenigen Familienmitglieder, die noch leben, nach und
nach den Verstand. Selbst, als man sich entschließt, zu Fuß durch
den Wald zu gehen, um endlich an einen Ort zu gelangen, wo Hilfe zu finden ist,
ist das Ziel doch wieder nur dieselbe Straße. Alles scheint sich im Kreis
zu drehen und das einzige Ziel der Herumirrenden scheint die Begegnung mit der
weißen Frau und dem eigenen Tod zu sein.
Der
Grusel, der sich durch Dead
End
vermittelt ist altbekannt. Die Geschichte der sich langsam durch fremde Einflüsse
auflösenden Familie, die zusehends auch durch interne Aggressionen zerrüttet
wird, ist ein beliebtes und oft variiertes Thema des Horrorfilms. Dieses wird
auch durch Dead
End
nur wenig variiert, worunter der Film jedoch kaum leidet. Denn besonders die
die Angst und Hysterie exzellent verkörpernden Darsteller – allen voran
Ray Wise – lassen den Film zu einem dichten und beunruhigendem Ereignis werden.
Vom Kontrast zwischen der Horribilität der Ereignisse und der Komik der
sich immer mehr entblößenden Familiengeschichte lebt der Film. Und
wirklich alle Klischees sind vertreten, um dekonstruiert zu werden: Der Vater,
der bis zur Aggression verzeifelt alles unter Kontrolle zu halten versucht,
die Tochter, die ungewollt schwanger ist, die Mutter, die ihrem Mann ein Kukuksei
ins Familiennest gelegt hat und schießlich der vorlaute Teenagersohn,
der sich seine Zeit mit Hardrock, Onanie und Marihuana vertreibt. Alles wird
auf’s Tapet gebraucht in den Momenten schlimmsten Horrors.
Die
Regisseure erzählen ihre Geschichte mit ironischer Distanz, bleiben jedoch
nahe genug an den Figuren, um das Drama und den Horror nachvollziehbar zu machen.
Vor allem die Kamera und der Schnitt montieren diese eigentlich so unterschiedlichen
Facetten des Untergangs der Kleinfamilie zu einer Art Kammerspiel auf der Landstraße.
Immer wenn das Mikrosoziale Überhand zu gewinnen scheint, präsentiert
uns Dead
End
eine Panorama-Draufsicht auf das Auto, das durch den scheinbar endlosen nächtlichen
Wald fährt, ohne jamals irgendwo ankommen zu können. Auf diese Weise
arrangiert der Film seine Erzählsegmente und schafft gleichzeitig Distanz,
um den situativen Kontext des Horrorfilms wieder herzustellen.
Die
Drehbuchautoren scheinen sich beim Arrangement ihrer Geschichte auf die eingangs
erwähnte Erzähltradition der Fernsehserien gestützt zu haben
(dies zeigt sich vor allem am Ende des Films, der eine – eigentlich nicht notwendige
Pointe der Handlung als Auflösung der Erzählung anbietet). Das "Aufblähen"
der Handlung auf Spielfilmformat hat vor allem Raum für die innerfamiliern
Diskurse geschaffen. Dead
End
ist damit ein abwechslungsreicher und kurzweiliger Film geworden, der Spaß
und Grusel im gleichen Maß bereitet und (nach Blair
Witch)
erneut die Frage aufwirft, ob man sich als Städter überhaupt noch
und selbst mit Auto und Schrotfilnte bewaffnet in den Wald trauen sollte.
Stefan
Höltgen
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Dead
End
(Frankreich/USA
2003)
Regie
& Buch: Jean-Baptiste Andrea & Fabrice Canepa
Kamera:
Alexander Buono, Musik: Greg De Belles
Darsteller:
Ray Wise, Alexandra Holden, Lin Shaye, Mick Cain, Amber Smith, Billy Asher u.
a.
Verleih:
Captain Movies, Länge: 85 Minuten
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