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Dark
City
Der
Film bedient sich schamlos bei allen erdenklichen Vorbildern und Vorgängern,
von Metropolis und
Brazil (da
mehr) bis Blade
Runner
(da weniger). Der plot ist nicht revolutionär neu, aber er denkt innerhalb
des Subgenres, in dem er sich aufhält, ein paar Dinge ein bißchen
weiter als andere. Rufus Sewell ist der einsame Held innerhalb einer von Fremden
beherrschten Welt der Finsternis. Er allerdings weiß das zunächst
nicht, wir aber haben nach ein paar einleitenden Sätzen, die ein gewisser
Daniel Schreber (!), von Kiefer Sutherland gespielter Psychiater, gesprochen
hat, einen Wissensvorsprung. Er ist derjenige unter den Menschen, der seine
Rasse verraten hat und den Fremden dabei hilft, das Menschliche am Menschen
zu erkunden. Das nämlich glauben sie zu benötigen, um ihrem eigenen
Untergang zu entgehen.
Das
einzig wirklich Interessante an Plot und Spekulation ist nun die Art des Experiments,
das sie unternehmen. Jede Nacht nämlich um 12 Uhr in dieser taglosen Welt,
zur Geisterstunde, nehmen sie grandiose Veränderungen vor, die sie Tuning
nennen. Dazu schicken sie alle Menschen in bleischweren Schlaf und bauen die
ganze Stadt um: das Gebäudekonglomerat unterschiedlichster, nie aber, das
erinnert an Brazil, futuristischer
Stile, wird in organisch anmutenden Metamorphosen abgerissen und aufgebaut,
verschoben und verzerrt und neu geordnet, bis kein Stein mehr auf dem anderen
steht. Die Metapher führt aber in die Irre, weil dieser Prozeß einer
des Wachsens ist und nicht des Bauens. Der Zweck dieser Veränderungen liegt
nun nicht in sich selbst, sondern in den Reaktionen der Menschen, die die Veränderungen,
darin liegt der Clou, nicht mitbekommen dürfen, sondern jedesmal in ihr
neues wie in ein altvertrautes Biotop erwachen sollen. Zu diesem Zweck werden
ihre Erinnerungen manipuliert und an den immer aufs Neue ganz anders und neu
grauenden Tag angepaßt. So können sie im naiven Glauben an die Realität
ihres Daseins als die Versuchsobjekte der Fremden ihr typisch menschliches Verhalten
an den auf immer dunklen Tag legen.
Rufus
Sewell ist der einzige, der sich gegen diese Manipulation, die ihm eine Mordserie
ins Gedächtnis schieben will, zu wehren vermag. Als neugeborener, gedächtnisloser
und damit in dieser Welt unhinterfragten falschen Erinnerns evolutionär
bevorteilter Neuer Mensch wird er zum Widersacher der Manipulateure und beginnt
die Suche nach der hellen, heilen und wahren Wirklichkeit, die er in einer traumhaften
Strandlandschaft, Shell Beach, vermutet. Bei dieser Suche gelangt er ans Ende
der Welt von Dark City, ein Plakat von Shell Beach, und bricht durch die Mauer
ins unbekannte Dahinter.
Damit
ist, das spricht für den Film, die Erlösung noch nicht bewerkstelligt.
Eine Erlösung im engeren Sinne, dergestalt nämlich, daß das
Ganze sich nur als Alptraum erweist, gibt es nicht. Gegen den Film spricht,
daß er ein zweitbestes aller möglichen Happy Endings unverdrossen
doch noch ins Werk zu setzen beginnt. Das führt zum einen zum so erwartbaren
wie überflüssigen Showdown – zum anderen aber dazu, daß der
Held mit seinem Wissens- und Fähigkeitsvorsprung (er kann nämlich
ebenfalls tunen) nun selbst zum größten Manipulator wird und die
Welt von Dark City mit allen Bewohnern einer ebenfalls nicht bewußten
Zwangsbeglückung unterwirft und alles so arrangiert, daß er die Frau,
die er liebt, bekommt, plus Strand, plus Sonne. Die Frage stellt sich dem kritischen
Betrachter (wohl aber nicht dem Film), ob die erblühende Bright City nicht
ein erzwungenes richtiges Leben im falschen sein muß. Das wäre ein
düsteres Resümee und eine Parabel auf einen Verhängniszusammenhang,
wie ihn die Frankfurter Schule nicht totaler beschrieben hat. Diese Lesart aber
legt der Film nicht nahe.
Ekkehard
Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Dark
City
Regie:
Alex Proyas
Laufzeit:
100 min.
Produktionsland:
USA
Produktionsjahr:
1998
FSK-Freigabe:
ab 16 Jahren
Musik:
Trevor Jones
Darsteller:
Rufus Sewell, William Hurt, Kiefer Sutherland, Jennifer Connelly, Richard O’Brien,
Ian Richardson, Bruce Spence, Colin Friels, Mitchell Butel
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