Die
Dämonischen
Dr.
Bennell und Betty Driscoll haben eine Vergangenheit als Liebespaar zu Highschoolzeiten,
nach gescheiterten Beziehungen finden sie wieder zueinander, in Santa Mira,
ihrer Heimatstadt – beide gerade zurückgekehrt, sie nach fünf Jahren,
er nach wenigen Wochen. Nichts aber ist wie früher. Am Anfang dominiert
eine subtile Fremdheitserfahrung, die sich erst nach und nach zur allerdings
alles andere als beruhigenden Gewissheit einer pathologischen Mitwelt verfestigt.
Der Horror schleicht sich in den Film und noch als manifester behält er
dieses Moment des nur leicht Verschobenen. Der Schrecken der Veränderung
liegt genau im Minimum der Veränderung, die Menschen verlieren durch den
beinahe unmarkierten Austausch (kein Wunder, dass er sich denkbar passiv im
Schlaf ereignet, als unfreundliche, aber unbemerkte Übernahme) nicht ihr
Gedächtnis, sie werden auch nicht eigentlich gewalttätig oder bedrohlich,
sondern lebende Tote nur in dem einen Sinn, dass alles Allzumenschliche, jede
Emotion, ihnen fremd ist.
Natürlich
liegt darin, und zwar ganz und gar auf der Hand, das allegorische Potenzial
der Geschichte, virulent zur Entstehungszeit als Anti-Utopie entmenschten, aber
friedlichen Zusammenlebens von Huxleys "Brave New World" bis zu Jack
Williamsons "The Humanoids". Es gibt hier kaum spezifische Lektüreanweisungen,
die Warnung versteht sich in wenigen allzu expliziten Szenen als allgemein humanistische,
Anti-Kommunisten wie McCarthy-Gegner (Don Siegel war gewiss eher letzteres)
konnten sich bestätigt fühlen. Verblüffend ist, und die große
Stärke des Films, dass der Schrecken, in den man hineingezogen wird, gerade
ganz unabhängig von aller Spezifizierung funktioniert.
Aller
Science-Fiction-Barock – und mit dem üblichen pseudowissenschaftlichen
Erklärungsgeschwätz vertut der Film ohnehin keine Zeit – leitet sich
wie kaum in einem anderen Film (mit Ausnahme vielleicht von "Solaris")
ab von Urängsten, denen man sich durch keinen Verweis aufs Fantastische
des Ganzen entziehen kann. Das Doppelgänger-Motiv, Muster existenziellen
Schauders seit der Romantik und seit Poe, wird hier verschärft zur unmittelbaren
Bedrohung durch das fastidentische Replikat. Kombiniert damit das Trauma, allein
zu sein oder beinahe allein unter verständnislosen Fremden, selbst ein
Fremder im Vertrauten – und im Kleinstädtischen der Heimatstadt ist das
noch dazu bestens aufgehoben. Don Siegel setzt diese Ängste mit der atemlosen
Dynamik seiner Inszenierung immer weiter unter Druck, verzichtet dabei auf Abschweifungen
ebenso wie auf alles, das den Blick auf anderes als die verzweifelte Entwicklungslogik
der Geschichte lenken könnte. Die Unvergesslichkeit der Bilder von der
Scheinnormalität am hellichten Tag verdankt sich der Verweigerung jeder
Effektanstrengung, hervorragend dazu die Darsteller, denen Don Siegel einen
unaufgeregten Realismus verschrieben hat, der die Furcht Furcht erregend lesbar
macht.
Ekkehard
Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Die
Dämonischen (Invasion
of the Body Snatchers, USA 1956)
Regie: Don Siegel