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Daddy
ohne Plan
Man hat diese Lehrstücke über die in die
Pflicht nehmende Vergesellschaftung eines sich autonom wähnenden Individuums
ja schon oft genug gesehen und kann sich nur wundern, dass diese trivialen,
stereotypen Bildungsromane über die Lehrjahre des Gefühls tatsächlich
immer wieder funktionieren. Von all den harten Kerlen Hollywoods, die sich schon
mit unverhofftem Kindersegen mühen und daran wachsen mussten, fiel die
Wahl diesmal auf Dwayne „The Rock“ Johnson, der hier zeigen kann, dass er die
Gesetze der Selbstironie verstanden hat.
Als höchst populärer Quarterback der „Boston
Rebels“ hat Joe Kingman alles, was ein einfältiges Herz begehrt. Ganz Boston
liegt ihm zu Füßen, er kann jedes Top Model der Welt haben, besitzt
einen tollen Sportwagen und ein Appartement, dessen Ausstattung der Traum jedes
Innenarchitekten und Elektromarkt-Besitzers ist. Happy Consumerism! Zudem ist
Kingman der größte Fan des echten „King“, aber es braucht einen langen
Kinofilm, bis er einige Schritte in dessen Schuhen gehen darf. Es versteht sich
von selbst, dass Joe, wenn er denn mal nicht unter Leuten ist, sich auf dem
monströsen Plasmabildschirm vorzüglich „seine größten Momente“
anschaut – klarer Fall von schwerem Narzissmus. Der Blick, den „Daddy ohne Plan“
auf die Welt der ersten Liga des US-Profisports richtet, ist hoch amüsant,
und „The Rock“ gibt sich die größte Mühe, seine Figur als oberflächlichen
Einfaltspinsel zu präsentieren; obwohl die Tatsache, dass Kingman in einem
Mannschaftssport erfolgreich ist, leichte Zweifel an seiner Egozentrik aufkommen
lässt. Aber solche Zweifel lässt man besser im Keller, denn die Nemesis
steht bereits vor Kingmans Tür, und zwar in Gestalt der niedlichen, achtjährigen
Peyton, die behauptet, seine Tochter zu sein. Deren Mutter, langsam kehrt Kingmans
Erinnerung zurück, sei in Afrika, um dort den Menschen zu helfen. „Papa“
solle für einen Monat einspringen. Und so beginnt eine schmerzhafte Menschwerdung
des Sport-Asses. Mancherlei Hindernis gilt es aus dem Weg zu räumen, mancher
Rückschlag muss weggesteckt werden – und mit der Karriere geht es auch
rapide bergab.
Was Kingman lernen muss, mussten schon viele vor
ihm lernen: Mit einem Kind ändert sich erst das Leben und dann die Haltung
dazu. Und: Geld kann Aufmerksamkeit nicht kaufen. Und: Du sollst in Werbespots
nicht lügen, selbst, wenn die Gage dafür noch so hoch ist. Zum Glück
hat Kingman einen Sportskameraden, der bereits gelernt hat, wie schön das
Familienglück ist und mit Rat und verständnisvoller Tat zur Seite
steht. Peyton hat es nämlich faustdick hinter den Ohren – und eine ganz
traurige Geschichte in der Hinterhand. Kingman hat nur eine knallharte Managerin,
die keine Kinder mag und keine Einsicht in ihre „natürliche“ Rolle als
Frau zeigt. Dafür hat nun wieder Peyton die attraktive Latina-Ballettlehrerin
Monique, die über reichlich Familiensinn verfügt und mit der eine
Familiengründung problemlos vorstellbar wäre.
Natürlich geht es bei dieser moralischen Erzählung
um Familiengründung, aber zuvor muss der Quarterback sogar noch Ballettstunden
nehmen. Was seinen Mannschaftskameraden Tränen in die Augen treibt – Tränen
der Rührung vor so viel Mut zur Sweetness. „Daddy ohne Plan“ ist der ideale
Film für die ganze Familie, vorzugsweise allerdings für Familien,
die sich eine Spur Selbstironie bewahrt haben und ahnen, dass das Leben nur
im Kino so rosarote Kinderzimmer kennt.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist
zuerst erschienen in: film-Dienst
Daddy
ohne Plan
USA
2007 – Originaltitel: The Game Plan – Regie: Andy Fickman – Darsteller: Dwayne
"The Rock" Johnson, Madison Pettis, Kyra Sedgwick, Roselyn Sanchez,
Paige Turco, Morris Chestnut, Hayes MacArthur, Brian White – FSK: ohne Altersbeschränkung
– Start: 27.3.2008
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