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Cypher

 

 

Vorgänger Cube hatte ja schon einige Achtungserfolge eingespielt. Aber es hat schon seine Zeit gedauert, bis Vincenze Natali mit kleinem Budget einen aufwändigen zweiten Film drehen konnte, bei dem ihm, wie er sagt, keiner dazwischen reden konnte. Cypher lief bei ein paar Festivals, hat auch zwei Preise abgestaubt, aber den Weg in die Kinos nicht geschafft. Jetzt erscheint er auf DVD und versucht sich den Ruhm des Untergrunds zu erkämpfen.

 

Morgan Sullivan lebt in einer Welt, die halb die unsere, halb eine zukünftige sein könnte. Es ist schon bemerkenswert, wie eine deutliche Grenze zwischen Science Fiction und Gegenwartsthriller in vielen Filmen immer mehr verwischt, vielleicht weil uns die Gegenwart in ihrer technologischen Unüberschaubarkeit schon so fremd und unheimlich geworden ist, dass wir sie lieber gleich in die Science Fiction verbannen, auf Abstand bringen, möchten? Ein wenig unentschlossen jedenfalls changiert der Film zwischen High High Tech und dem, was wir aber auch so schon kennen: Riesenkonzerne buhlen um die Weltmacht. Und das geht nicht ab ohne absolute Gehirnwäschen, ohne riesige raffiniert und absurd konstruierte Hirnwaschmaschinen für das Volk, dessen jedes einzelne Individuum meint – ja, interessant, wirklich – Agent für den jeweils anderen Konzern zu sein.

 

Da sitzt also Sullivan in einem stinklangweiligen Vortrag über Rasierschaum, und er und alle anderen Teilnehmer, außer dem Vortragenden meinen, sie seien Wirtschaftsspione, aber in Wahrheit sind sie alle Manipulierte, nicht nur, weil sie sowieso – wie bekanntlich die breite Masse – alles unkritisch mitmachen, nein, auch weil wiederum eine zweite große Gruppe Leute dafür engagiert wurde, deren Individualität mittels kompliziert konzipierter, aufzusetzender Helme, Drogen und rätselhafter psychedelischer Filme (die hinter den Vortragenden laufen) auszulöschen.

 

Die Nivellierung des menschlichen Bewußtseins, die Normierung der Menschheit a la 1984 oder Brazil, das Auserwähltsein eines kleinen Niemands zum Helden in einer fremdgesteuerten Maschinenwelt a la Matrix, Irritationen der Außenwahrnehmung und der eigenen Individualität wie in Total Recall und auch wie in Blade Runner, einiges kommt uns bekannt vor an Cypher, und einiges davon ist schön wiederzusehen in diesem neuen coolen Cyberwirtschaftsfascho-Outfit, in seinen kalten Blaugrau-Tönen und mit seinen gestylten Oberflächen und mit manchen versponnen-witzigen neuen Ideen. Nicht ganz neu im diesem Genre ist die Definition des als Hausmann gelangweilten Helden zum Spion a la Bond (True Lies, Total Recall), aber neu und bezeichnend seine Auftraggeber: Zwei große Wirtschaftskonzerne und nicht mehr zwei Weltmächte beherrschen die Welt und versuchen sich gegenseitig zu schaden. Dieser James Bond also muss die Politik an den Nagel hängen, wenn er seinem Agenten-Hobby frönen will. Zeitgemäß, aktuell, innovativ.

 

Jeremy Northam spielt den frisch engagierten, kindlich stolzen Industriespion Sullivan übrigens mit einer köstlichen komödiantischen Note, und in Lucy Liu (Kill Bill) ist mehr als das Klischee einer kühlen Asiatin verborgen. Dass das Ende etwas vorhersehbar und nicht ganz so befriedigend ausfällt, schmälert kaum den Unterhaltungswert der vorangegangenen 85 Minuten. Phantasievolle, einfallsreiche Szenarien und die hübsche Ausstattung, den Genre-Fan trösten sie sicherlich über Mängel an der Story hinweg.

 

Andreas Thomas

 

Cypher

Originaltitel: CYPHER

Produktionsland: USA 2002

Altersfreigabe: FSK 16

Genre: Sci-Fi-Thriller

ca. 92 min. PAL Color

Regie: Vincenzo Natali ("CUBE")

Darsteller: Jeremy Northam (Enigma), Lucy Liu (Drei Engel für Charlie), David Hewlett (Cube)

 

Gewinner des Goldenen Raben beim Internationalen Festival des Phantastischen Films in Brüssel

Ausgezeichnet für den besten Hauptdarsteller (Jeremy Northam) beim Film Festival von Sitges

 

DVD Bildformat Widescreen 1,85:1

Ländercode 2

Extras Verleih: Trailer, Biografien, Programmhinweise

Verkauf: 2-Disc-Set im Spiegelfolien-Schuber, Audiokommentar von Regisseur Vincenzo Natali, Drehbuchautor Brian King, Szenenbildnerin Jasna Stefanovich und Darsteller David Hewlett / Kurzfilm "Elevated" mit Audiokommentar von Regisseur Vincenzo Natali und Darsteller David Hewlett / The Making of "Cypher" / Interviews mit Cast & Crew / Behind-the-Scenes Material / Pre-Visualizations / 9 Entfallene Szenen / Isolierte Filmmusik / Multi-Angle Storyboard/Film-Vergleich / 5 Fotogalerien (Marker-, Requisiten-, Kostüm-Designs, Drehorte und internationales Artwork) / Trailer / Biografien / Production Notes / Programmhinweise /

Alle Extras mit optionalen deutschen Untertiteln

Untertitel Deutsch für Hörgeschädigte, Deutsch, Englisch

Ton Deutsch, DTS 5.1, Dolby Digital 5.1, headphone-surround

Englisch, Dolby Digital 5.1, headphone-surround

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