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Die New Yorker High-Society-Dame Rafi (Uma Thurman) ist Mitte
Dreißig und schliddert aus einer gescheiterten Ehe geradewegs in die Midlife-Crisis.
Auf Anraten ihrer Psychiaterin Lisa Metzger (Meryl Streep) geht sie auf Männersuche
und lernt den fünfzehn Jahre jüngeren David (Bryan Greenberg) kennen,
Sohn aus altmodisch-jüdischer Familie, der bei seinen Großeltern
lebt. Trotz anfänglicher Skepsis ob des Altersunterschieds („Ich hab T-Shirts,
die älter sind als du“) entwickelt sich zwischen den beiden bald eine leidenschaftliche
Beziehung. Probleme tun sich auf, als Lisa bemerkt, dass der jüngere Liebhaber
von dem ihre Patientin so sehr schwärmt, ihr eigener Sohn ist.
Als belangloses Liebeskomödiechen, getragen hauptsächlich
von den beiden Hauptdarstellerinnen, entwickelt Prime zunächst durchaus einiges Gespür für Situationskomik.
Die Stimmung im Saal stieg erheblich, als die neurotische Patientin der noch
neurotischeren Ärztin anvertraute, dass sie ihrem Sohn (von dem sie hier
natürlich noch nicht weiß, dass er ihr Sohn ist) eine Mütze
für sein bestes Teil stricken möchte. Außerdem gibt es einige
nette Nebenfiguren, etwa Daves Sahnetorten werfenden besten Freund, oder die
„Bubi“, die inzwischen verstorbene Ur-Oma, die in ein paar Rückblenden
durch gelbstichige, grobkörnige Bilder spukt, die an vergilbte Familienalben
erinnern und sich für die Sünden der Jugend mit ihrer Bratpfanne selbstkasteit.
So weit, so gut. Bis hierher nicht sonderlich originell,
geistreich oder tiefschürfend, aber lustig. Das Problem dabei: Prime ist gar kein belangloses Liebeskomödchen. Nee,
weit gefehlt. Es handelt sich hier, so informiert das Presseheft, um einen Film,
der „brennenden Fragen“ nachgeht: „Reicht
Liebe allein wirklich aus? Überwindet leidenschaftliche Liebe jeden Widerstand,
der sich ihr in den Weg stellt – z.B. einen großen Altersunterschied,
eine höchst unterschiedliche Herkunft oder völlig gegensätzliche
religiös-kulturelle Vorstellungen?“. Und Frau Thurman berichtet von ihrer
Drehbuchlektüre, dass sie auf Anhieb die „Intelligenz und Tiefe der Charakterzeichnung“
spürte. Natürlich muss man solchem Geschwafel nicht zu viel Aufmerksamkeit
schenken, aber dass die Vermarktung nicht über die Ben Stiller-, sondern die Woody Allen-Schiene
laufen soll, ist symptomatisch für einen Film, der daran scheitert, dass
er anstatt, seine Belanglosigkeit mit Würde tragend, 90 Minuten lang geistlos
aber gekonnt unterhält, lieber essentielle Fragen des Lebens und Liebens
abhandelt. Auf dem Niveau von nachmittäglichem Privat-Fernsehen.
Im Weiteren gibt sich der Film versöhnlich. Rafi wird zum
Essen eingeladen und darf sich davon überzeugen, dass Familie und Tradition
bei ihrem Lebenswandel immer viel zu kurz kamen. Lisa, so erfahren wir, ist
gar keine herrschsüchtige Tyrannin, keine Mrs. Bates und kein Schwiegermonster,
sondern einfach nur eine (etwas zu) besorgte Mutter. Ihr David durfte nie Q-Tipps
benutzen, weil das seine Öhrchen kaputt gemacht hätte und sollte nicht
mit einer älteren Frau ausgehen, weil sie sein Herzielein brechen könnte.
In der letzten halben Stunde gibt es Trennungen, Versöhnungen, Seitensprünge,
nervige Seitensprungkonsequenzen ad indefinitum. Kann die Liebe zwischen dem
23-jährigen Romeo und der 37-jährigen Julia nun funktionieren oder
muss sie unweigerlich an den unterschiedlichen Verhältnissen und Lebensansichten
zerbrechen? Das Drehbuch scheint sich da nicht ganz sicher zu sein und ich wollt’s
irgendwann auch gar nicht mehr wissen.
Das ist sie also: „Die erste therapeutische Liebeskomödie“.
Therapie, fragt man sich, Therapie wogegen? Gegen Liebeskomödien? Nun,
dann allerdings herzlichen Glückwunsch, voller Therapieerfolg, denn dieser
Film ist zum Abgewöhnen!
Couchgeflüster – Die erste therapeutische Liebeskomödie
USA 2005 – Originaltitel: Prime – Regie: Ben Younger – Darsteller: Uma Thurman, Meryl Streep, Bryan Greenberg – FSK:
ohne Altersbeschränkung – Länge: 106 min. – Start: 19.1.2006
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