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Corellis
Mandoline
Was
in Captain
Corelli’s Mandolin
nach dem Verlassen des Kinos als erstes den Nachgeschmack auf der Zunge trübt,
ist das Ende. Oftmals angestückelt wirkt es, als habe sich Regisseur John
Madden nicht darauf besinnen können, den Film enden zu lassen. Oder als
habe das Studio ein Ende nur zu ganz bestimmten, hollywoodverträglichen
Bedingungen gewollt.
So
also endet der Film mehrfach: Zum ersten Mal in einem Massaker, angerichtet
von den Nazis auf der griechischen Insel Kephalonia: Nach der Kapitulation Mussolinis
übernehmen die Nazis die Macht auf der griechischen Insel und exekutieren
kurzerhand die einstigen Alliierten und vorherigen Besatzer, ein italienisches
Battailon, angeführt vom titelgebenden Captain Antonio Corelli (Nicholas
Cage). Nach diesem für den amerikanischen Film wohl zu realistischen Ende
stellt sich heraus, daß Corelli als einziger seines Trupps noch lebt.
Nachdem er von seiner Geliebten Pelagia (Penelope Cruz) und ihrem Vater wieder
gesund gepflegt wird, macht er sich jedoch aus dem Staub und kehrt unter tragischen
Umständen zurück nach Italien. Ein klassischer Schluss für ein
Melodram der 40er Jahre also, alle Emotion wird im Verzicht der Heldin internalisiert
und auf diese Weise gelöst. Noch ein Ende erwartet den Zuschauer alsbald,
die genante internalisierte Spannung wird, wie beispielsweise auch in Altmans
Short
Cuts,
in einer Naturkatastrophe wieder an die Oberfläche der Narration befördert;
ein Erdbeben erschüttert die Insel zwei Jahre nach dem Ende des Krieges
und der Besatzung. Und als sei das noch nicht genug, kehrt letztendlich Corelli
aus Italien zurück in die erwartungsfrohen Arme von Pelagia, voll der Erwartung,
diese stelle augenblicklich ihr Leben erneut auf ihn ein, wie schon während
des Krieges, als sie ihren eigentlichen Verlobten im Krieg in Albanien gefallen
wähnte und sich gänzlich der Liebe zu Corelli hingab.
Wozu
diese holprige, vielfache Ende, fragt man sich unwillkürlich, hier werden
– unfreiwillig allerdings – Brüche geschaffen, die zuvor zielsicher vermieden
wurden. Zu Captain
Corellis Mandolin
läßt sich sicherlich sagen, daß es ein lobenswertes Ziel ist,
die Besatzung Kephalonias im zweiten Weltkrieg zu thematisieren, wenn auch sich
dank der Umsetzung durch Madden manchmal der unschöne Verdacht aufdrängt,
diese Thematik sei lediglich aufgrund der wundervollen Postkartenlandschaft
Kephalonias gefallen, in der auch John Tolls Kamera den ganzen Film über
zur Genüge schwelgt. Ein schaler Beigeschmack begleitet die Nebeneinandersetzung
eben dieser Idylle mit den brutalen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen
Italienern und Deutschen um eine Insel, die eigentlich keinem der beiden zusteht.
Vielleicht war aber eben dieser Kontrast auch das Ziel der Filmemacher, eine
naheliegende Vermutung allemal, da extreme – in hohem Maße klischeebehaftete
– Kontraste auch die Darstellung der beiden Besatzermächte bestimmen. So
haben die Italiener, kaum auf der Insel gelandet, eigentlich nichts anderes
im Sinn, als ununterbrochen am Strand singend und tanzend zu feiern, und auf
die Niederlage ihrer eigenen Regierung zu warten, die dann auch zunächst
freudetaumelnd als Grund für langersehnte Heimkehr gefeiert wird. Die kontrastierenden
deutschen Truppen sind natürlich brutale, griesgrämige alleshassende
Tötungsmaschinen, die die Insel in kürzester Zeit dem Erdboden gleichmachen.
Nun ist sicherlich nichts gegen ein Bloßlegen deutscher Brutalität
im zweiten Weltkrieg zu sagen, nichtsdestoweniger fehlt der Zeichnung der italienischen
Besatzungsmacht bzw. des Kontrastes der drei auf einer Insel zusammenprallenden
Nationalitäten jedwede Tiefe oder auch nur der Versuch ernsthafter Charakterisierungen
der Personen und Konflikte.
Nichtsdestoweniger
kann Captain
Corellis Mandolin
auch überzeugen. Zum einen ist da Nicholas Cage, dessen charismatische
Ausstrahlung bereits deutlich schlechtere Filmen ein klein wenig Glanz verlieh
(Gone
in 60 Seconds,
um nur einen zu nennen). Zum anderen wird der eigentlichen Hauptfigur Pelagia
eine erstaunlich starke und selbstständige Rolle gegeben. Sie entkommt
in ihrer Rolle als Ärztin im Krieg der eigentlich passiven Rolle, die Frauen
in Kriegen und Kriegsfilmen für gewöhnlich zu spielen haben, und ihr
wird die Wahl zwischen zwei Männern zugeschrieben, die sie, ganz anders
als Kate Beckinsale in Pearl
Harbor,
auch wirklich treffen kann. Ihr Schicksaal ist es, das den Film wirklich interessiert,
ihre Emotionen und Motive sind es, die dargelegt werden, und die Präsenz
dieser Rolle und ihrer Darstellerin Penelope Cruz ist es, die den Film die meiste
Zeit über trägt, und das Doppel Cage-Cruz vertröstet letztendlich
auch über manch schlichte Kriegsrhetorik der Bilder.
Benjamin
Happel
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Corellis
Mandoline
Captain
Corelli’s Mandolin
Regie:
John Madden
USA
2001
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