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Cookie’s Fortune –
Aufruhr in
Groteskes
Kleinstadtportrait
Der Mann latscht so unbeholfen
aus der Bar, dass die Filmerfahrung einem sagt: Gleich passiert etwas! 90 Minuten
lang wird sie das sagen, wirkungslos. Denn so lange bleibt Robert Altmans Cookie’s Fortune eine träge Komödie,
aber auch ein grotesk-amüsantes Kleinstadtportrait.
Im Mittelpunkt steht der Selbstmord
einer alten Dame. In der Kleinstadt Holly Springs, Mississippi, entledigt sich
die verwelkte Cookie (Patricia Neal) ihres unglücklichen Restlebens, eine
Tat, die ihre bigotte Schwester Camille (Glenn Close) nicht tolerieren kann.
Die fanatische Kirchendramaturgin vertuscht den Suizid, indem sie ihn wie einen
Raubmord aussehen lässt. Als dann Willis (Charles S. Dutton), der Mann
mit der langen Exposition und Hausbediensteter Cookies, ohne Alibi am Tatort
angetroffen wird, zu allem Überfluss auch noch schwarz ist, da scheint
der Fall ausgemacht. Nur Emma (Liv Tyler), das schwarze Schaf der Familie, kann
Willis jetzt noch rausholen.
So lebhaft die Handlung sich
anhören mag, so wenig Aufmerksamkeit schenkt Altman ihr auch. Die vielen
Handlungsstränge sowie die Rand-
und Hauptfiguren sind nur insoweit interessant, als sie einem einzigen Zeil
dienen: eine Gesellschaft zu portraitieren, in ihrem Gehabe, ihrer Umgebung,
ihren Worten und Taten. Das alles sehr detailliert, an das Triviale grenzend
und sich manchmal darin verlierend. In Cookie’s
Fortune gibt
das Milieu entsprechend das Erzähltempo vor: Alles geht ein wenig langsamer
hier, im Südwesten der USA. Die Provinzpolizisten plaudern lieber über
Angeln als ihre Arbeit, geschweige denn Mord. Willis, ihr Archetypus von einem Hauptverdächtigen, ist von
einer beachtlichen Gemütlichkeit, wie sie wohl nur unter der heißen
Sonne Holly Springs gedeiht; die Nächte vertreibt er sich in schummrigen
Bluesspelunken, das Glas eingelegter Eier am Tresen inbegriffen. Bis in das
aufgeführte Theaterstück hinein, einer peinlich zensierten Version
von Oscar Wildes Salome, führt Altman Südstaatler
vor und schießt dabei gelegentlich über das Ziel hinaus – man bekommt
mehr Witzfiguren als geschickt überzeichnete Lebenstypen zu sehen. Darunter
leidet zuletzt auch die teils zähe Handlung, die mit einem übertriebenen
lächerlichen deus ex machina aufgelöst, eher: kurz vor dem Abspann
beendet wird.
Cookie’s Fortune gehört sicherlich nicht
zu den besten Arbeiten Altmans, zeichnet sich aber ebenso wie diese durch ein
opulent-groteskes Gesellschaftsportrait aus. Wenn er das auf Kosten einer straffen
Handlung hervorbringt, so muss man dies hinnehmen, wie man sich auch durch die
dickleibige Comédie
Humaine von
Balzac, einem Altman der Literatur, durchbeißen muß, um zwischenzeitlich
belohnt zu werden.
Thomas Hajduk
Cookie’s
Fortune – Aufruhr in
COOKIE’S
FORTUNE
USA
– 1999 – 118 min.
Regie:
Robert Altman
Buch:
Anne Rapp
Kamera:
Toyomichi Kurita
Musik:
David A. Stewart
Schnitt:
Abraham Lim
Darsteller:
Glenn
Close (Camille Dixon)
Julianne
Moore (Cora Duvall)
Liv
Tyler (Emma Duvall)
Chris
O’Donnell (Jason Brown)
Charles
S. Dutton (Willis Richland)
Patricia
Neal (Jewel Mae "Cookie" Orcutt)
Ned
Beatty (Lester Boyle)
Lyle
Lovett (Manny Hood)
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