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The Contract 

Die aktuelle „Politisierung“ Hollywoods lässt unsere Nullerjahre tatsächlich (fast) wieder wie die „wilden“ 1970er-Jahre aussehen: Washington schickt Killer durch die Lande, um unbotmäßige Kritiker – beispielsweise der Gen-Technologie – mundtot zu machen. Wie in Filmen à la „Die drei Tage des Condors“ (fd 19 592), „Die Unbestechlichen“ (fd 19 971) oder „Zeuge einer Verschwörung“ (fd 19 259) müssen versprengte liberale Einzelgänger dem korrupten und mörderischen Politsystem entgegentreten, das Banner der Freiheit behaupten und damit zugleich die Vorstellung eines anderen, besseren Amerika retten, dessen Keimzelle noch immer die bürgerliche Kleinfamilie ist. Immerhin ist die Variante, die Bruce Beresford mit „The Contract“ erzählt, noch lichter als beispielsweise die tiefschwarze Paranoia-Geschichte von „Zeuge einer Verschwörung“, in der die Bedrohung weitgehend anonym blieb und dafür mit tödlicher Konsequenz exekutiert wurde.

 

Etwas umständlich entfaltet „The Contract“ sein Szenario, indem er von Vätern und Söhnen erzählt: Da wird der Sohn eines geheimnisvollen Milliardärs ermordet, vielleicht, weil der Vater seine Macht gegen einflussreiche Kreise eingesetzt hat. Da sind andererseits der verwitwete Ray und sein störrischer Sohn Chris, denen eine Krankheit Ehefrau und Mutter geraubt hat – und die in ihrer Trauer erst wieder zueinander finden müssen. Eine Wanderung soll da Wunder wirken, zumal der Vater ein begeisterter Sportler und der Sohn ein aufmerksamer Pfadfinder gewesen ist. Beides wird noch von Bedeutung sein! Die beiden Handlungsstränge treffen in der wunderschönen Natur des Pacific Northwest nahe Seattle aufeinander, als die Wanderer auf ein Autowrack mit einem schwerverletzten Polizisten und dem gefesselten Profi-Killer Carden treffen. Ray, ganz loyaler Staatsbürger und zudem willens, sich selbst etwas zu beweisen, beschließt, sich mit dem Killer zur nächsten Polizeistation durchzuschlagen. Doch er hat nicht mit Cardens Leuten gerechnet, die alles töten, was sich der Befreiung ihres Anführers in den Weg stellt. Es ist nämlich noch ein weiterer Mordanschlag auszuführen – und der Präsident wird der Gegend einen Wahlkampfbesuch abstatten.

 

So forciert langsam klar wird, dass es sich bei den Killern um Ex-Soldaten im Auftrag des US-Geheimdienstes handelt, so schnell lernt Ray in der Natur das Töten. Wie einst in Rambos „First Blood“ (fd 23 808) ist die Natur der Ort der Wiedergeburt des guten und loyalen Amerika. Als „running gag“ fungiert hier ein weiteres Mal die Arroganz der ermittelnden FBI-Agenten gegenüber der lokalen Polizei. Spätestens als die Karten neu gemischt werden, auch Carden als Mitwisser zu „heiß“ geworden ist und von den eigenen Leuten liquidiert werden soll, wendet sich das Blatt in diesem Survival-Thriller. Zwar gehen die politischen Mordanschläge am Ende weiter, doch Ray und Chris haben inmitten des mörderischen Treibens immerhin die Chance genutzt, ihre Familie zu vervollständigen. Über deren Heil wacht nun der gütige Morgan Freeman, ein „professional“ mit weichem Kern und Ehre im Leib.

 

Verglichen mit dem aktuellen „state of the art“ Hollywoods hat Beresford bestenfalls Fernsehspiel-Niveau zu bieten; selbst Kameramann Dante Spinotti weiß mit der Natur der Wälder nicht allzu viel anzufangen. „The Contract“ wirkt angesichts der vielfältigen Konflikte vom Timing her unkonzentriert, die Story mit ihren Subtexten überkonstruiert. Auch der wiederholt angespielte Gegensatz von Washington State und Washington, D.C. ist nicht sonderlich originell; bereits „Zeuge einer Verschwörung“ spielte in Seattle. Die Bedrohung, die von den Killern und ihren Auftraggebern ausgeht, wirkt zudem übergroß in ihrem Aktionsradius, aber geradezu lächerlich unprofessionell in der Auseinandersetzung mit Ray und Chris. Im Kampf um das Familienglück wird die „große Politik“ schließlich zur Nebensache, die man achselzuckend zur Kenntnis nimmt.

 

Ulrich Kriest

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in: film-dienst

 

The Contract

Deutschland / USA 2006 – Regie: Bruce Beresford – Darsteller: Morgan Freeman, John Cusack, Jamie Anderson, Alice Krige, Megan Dodds, Corey Johnson, Jonathan Hyde, Bill Smitrovich, Anthony Warren, Ned Bellamy – FSK: ab 16 – Länge: 96 min. – Start: 5.4.2007

 

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