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The
Company – Das Ensemble
Dehnbare
Verwicklungen
Tanz,
der in seiner Schönheit immer noch Arbeit ist: Robert Altman hat einen
Ballettfilm gedreht, der selbst Ballett sein will – in "The Company"geht
es mehr um Fließen und Bewegung als um die Montage von Erzählsträngen.
Tänzerinnen spielen Tänzerinnen und Choreografen Choreografen
Es
gehört zu unserer Kinoerfahrung, von Spielfilmen – zumal jenen aus Hollywood
– immer schon eine Geschichte zu erwarten. Um Themen wird ein Plot gestrickt,
so wie "The
Player"
von Hollywood selbst erzählte oder "Gosford
Park",
Robert Altmans letzter Film, von Herrschafts- und Liebesverhältnissen auf
einem englischen Landsitz. Selten suchen Filme andere Wege, um sich ihrem Thema
zu nähern – zu ihnen gehört Altmans neuer Film "The Company".
Die
Werbung klingt nach einer Ballettversion von "A Chorus Line". Um "Arbeit
und Alltag einer Balletttruppe" soll es gehen, ein "faszinierender
Blick hinter die Kulissen des weltberühmten Chicago Joffrey Ballet"
wird versprochen. Beginnen wird "The Company" jedoch auf der anderen
Seite. Im Publikum erwartet die Kamera eine Ballettaufführung, die Körper
auf der Bühne setzen sich in Aktion. Sie tanzen, springen aneinander vorbei,
geraten miteinander, wie angezogen und abgestoßen, in Bewegung, formen
mit sich und elastischen Bändern immer neue Figuren. Lichtwechsel und elektronische
Klänge unterstützen den Eindruck einer Teilchenbewegung, die weniger
Symmetrie als Energie erzeugt und über die sich langsam die Titel des Films
legen.
Derart
kunstvoll zwischen Ordnung und Chaos organisiert, erinnert der Beginn an jene
großartigen Titelsequenzen, die Saul und Elaine Bass für Otto Preminger,
Alfred Hitchcock oder Martin Scorsese entworfen haben. Auch in ihren externen
Arbeiten pflegte oft eine Quintessenz des folgenden Films zu stecken. Hier jedoch
ist es wichtig, dass die Titelsequenz nicht von außen kommt, sondern in
jeder Beziehung bereits Teil des Teamworks dieser Company ist. Inszeniert von
Robert Altman, der gemeinsam mit seinem Star Neve Campbell auch das Drehbuch
erarbeitete; gefilmt von Andrew Dunn; getanzt von Mitgliedern des Joffrey Ballet;
choreografiert von Alwin Nikolais, der dieses Ballett 1953 "Tensile Involvement"
– Dehnbare Verwicklung – genannt hatte.
Man
könnte behaupten, nach dieser Eröffnung greife nun das bewährte
Hinter-den-Kulissen-Schema: Wir begegnen der jungen Tänzerin Ry, gespielt
von Neve Campbell, der vor der Hollywoodkarriere selbst eine Laufbahn als Ballerina
offenstand. Als sich eine Konkurrentin im Joffrey Ballet leicht verletzt, schlägt
Rys Stunde. Sie debütiert umjubelt in einem Pas de Deux des Starchoreografen
Lar Lubovitch, wird hoch gehandelt von Mr. A (Malcolm McDowell), dem exzentrischen
Joffrey-Boss mit dem Seidenschal, und soll nun in dem ambitionierten Ballett-Blockbuster
"The Blue Snake" von Robert Desrosiers eine Hauptpartie übernehmen.
(Trainings-)Zeit vergeht, ein Unfall demonstriert die Härte des Geschäfts.
Inzwischen hat sich Ry in den jungen Spitzenkoch Josh (James Franco) verliebt,
beider Karrieren lassen ihnen kaum Zeit füreinander, und schließlich
kommt der Tag der Premiere von "The Blue Snake".
Doch
diese Punkte legen eine falsche Fährte – sie bestimmen den Film nicht.
Im Gegensatz zu eskalierenden Aufstiegs- und Liebesgeschichten kümmert
sich "The Company" kaum um Spannungsbögen. Es mangelt an Figurenzeichnung,
selbst von Ry erfahren wir fast nichts. Josh beobachtet Ry beim Billardspiel,
Ry sieht Josh beim Frühstückmachen zu – das muss reichen, sie als
Paar zu etablieren. Wenn hier die Achillessehne einer Tänzerin reißt,
dann geschieht dies unspektakulär in einer Halbtotale. Denn Leistungsdruck
und Konkurrenzkampf teilen sich nicht durch "Billy Elliot"-Dramatik
oder "Showgirls"-Ränke, sondern durch genau beobachtete Trainingsszenen
mit; auch deshalb werden hier Tänzerinnen von Tänzerinnen gespielt
und Choreografen von Choreografen. "Erst muss der Körper stimmen",
erklärt Lar Lubovitch, "dann arbeiten wir uns nach oben vor."
Das
ist der Weg dieses Films. Er ist mehr ein Fließen, eine Bewegung als die
Montage von Erzählsträngen und Plotwendungen. Die einzigen Höhepunkte
sind die präsentierten Ballettaufführungen, und sie sind es gleichsam
aus sich selbst heraus. In ihnen zeigt sich die eigentliche Attraktion und zugleich
die Haltung von "The Company": Niemals ist die Musik der Aufführungen
laut genug, dass sie die leisen Geräusche der Füße auf dem Bühnenboden
übertönen könnte. Das Zentrum bleibt der Tanz, der in seiner
Schönheit immer noch Arbeit ist.
Wenn
also, wie geschehen, kritische Stimmen dem Film "jegliche Kohärenz"
absprechen, ist damit vor allem die Radikalität beschrieben, mit der hier
die Filmerzählung von der Primaballerina im harten Showbiz verweigert wird.
Stattdessen erzählt "The Company" vom Ballett selbst, oder besser:
Er erzählt gar nicht, sondern versucht es zu sein. Genau deshalb ist dieser
Film so strukturiert wie der Alltag seines Stars – er ist ebenso auf den Tanz
konzentriert, wie Rys Beruf sie mit allen Konsequenzen komplett vereinnahmt.
Vielleicht
stand dieser Schwerpunkt bereits in der ursprünglichen Filmidee von Neve
Campbell fest. Vielleicht ist er das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit mit Robert
Altman, der sich damit einem fremden Terrain erstmals näherte. Am Ende
scheint es jedenfalls, als hätte sich diese Gewichtung gleichsam aus dem
Film selbst ergeben.
Jan
Distelmeyer
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in der:
The
Company – Das Ensemble
USA
/ Deutschland 2003 – Originaltitel: The Company – Regie: Robert Altman – Darsteller:
Neve Campbell, James Franco, Malcolm McDowell, Barbara Robertson, William Dick,
Susie Cusack – FSK: ohne Altersbeschränkung – Länge: 112 min. – Start:
20.5.2004
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