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Café
m/f Liebe
Schwarzweiß ist halbe Filmkunst. Dieses schwer widerlegbare Diktum eines alten Filmhasen wurde untermauert sowohl durch das Zweit- (Mise-en-abyme, 2006) als nun auch durch das Drittwerk (Das Debüt, Sprint, von 2005, ist dem Autor dieser Zeilen unbekannt) des jungen Braunschweiger Regisseurs Björn Last, der sich mit seinem Internetauftritt www.mitternachtskino.de schon vor Jahren in das Pantheon der cinephilen Aufklärung eintrug und nun ansteht, jenen nachzueifern, denen er mit seinem elektronischen Untergrundfilmlexikon von Jugend an passioniert huldigte und huldigt.
Ja, Café m/f Liebe ist halbe Filmkunst. Aber während Mise-en-abyme vor anarchischem Cineasten-Witz nur so sprühte, findet der Zuschauer selbigen im Drittling gezügelter vor, geglätteter und sparsamer. Statt in einer heillosen Verwirrung der Figuren und ihrer Darsteller wie im zweiten verteilen sich die Bonmots im dritten Last-Film auf nur zwei Protagonisten, die, und da kommt die intelligente Seite des Auteurs Last wieder voll ins Bild, so gut wie alles hinterfragen, was hinterfragbar ist, also ihre Rolle im Spiel des Flirts, ihre Figur als Filmrolle, ihre Funktion als fiktionale Gestalten im Spielfilm, ihr Spiel mit den Erwartungen des, laut männlicher Filmfigur, „armen“ Zuschauers, und der Zuschauer selbst plus die Kamera werden einbezogen, werden zu handelnden Subjekten, allein schon in ihrer Eigenschaft, Medien, Adressaten oder Urteilende zu sein.
Mastermind Last macht sich zum absoluten Kontrolleur des selbst gemachten kleinen Lichtspiels und aller seiner Implikationen (und kontrolliert dabei auch vielleicht sich selbst zu sehr) und er seziert und parodiert, was eine gewollt gelassene Selbstreflexion aus der Jugend von heute so machen kann: Heillose Opfer katatonisch-zwanghafter Antizipationen sämtlicher Möglichkeiten als cool oder uncool zu erscheinen, oder dergl..
Dabei trifft doch nur Boy (Jacob Weigert) Girl (Pia Hansen) in Schwarzweiß. Trotzdem sollte alles sofort unglaublich kompliziert sein, denn schließlich muss auch Liebesfilm ganze Filmkunst werden. Dabei sind die Darsteller übrigens nicht immer hilfreich, etwa wenn eine ganze Szene kippt, weil da mal eine Silbe zu lange am Gaumen hängen bleibt, oder aber man strengt sich zu sehr an, coole Sau zu sein und ist es deshalb eben auch als Persiflage nicht mehr.
Café m/f Liebe ist eine hübsche kleine Fingerübung geworden, beinahe so viel versprechend wie Mise-en-abyme (den müssen Sie aber wirklich sehen!). Als Ticket für die Hochschule für bildende Kunst in Hamburg (Fatih Akin war vorher da) hat’s jedenfalls gereicht, und da ist’s doch okay, dass das Ganze ein klein wenig irgendwie an diese deutschen Beziehungskomödien erinnert. Aber was sag ich? Nein, nein, alles viel intelligenter hier… alles viel cooler hier … nur vielleicht ein bisschen zu wenig Easton Ellis …
Andreas Thomas
Café m/f Liebe
D
2007
Regie:
Björn Last,
Buch:
Björn Last
Produktion: Björn Last
Musik: Pablo Paolo Kilian
Kamera: Christian Hüning
Schnitt:
Christian Grundey
Bühnenbild:
Swaantje Becker
Maske/Frisuren:
Julia Sieckmann
Regieassistenz:
Mirco Hölling
Kostüme:
Swaantje Becker
Ton:
Pablo Paolo Kilian, Daniel Rossberg, Bettina Steininger, Claudia Twiefel
Besetzung:
Pia Hansen … W, Jacob Weigert … M
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