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Bye
Bye Berlusconi
Filmemachen aus
Protest
In Jan Henrik Stahlbergs Mediensatire „Bye Bye
Berlusconi“ revoltiert eine Filmcrew gegen den italienischen Ministerpräsidenten
Wie kann man Berlusconi loswerden? In Jan Henrik
Stahlbergs Satire ist es nicht die italienische Bevölkerung im allgemeinen,
die sich diese Frage stellt, sondern eine kleine Filmcrew aus Genua, die sich
für den politischen Kampf mit dem als korrupt verschrieenen italienischen
Ministerpräsidenten etwas ganz Besonderes ausgedacht hat: Sie wollen einen
Film drehen, der die Entführung Berlusconis durch eine Gruppe zeigt, die
das Ziel hat, ihm im Internet den Schauprozess zu bereiten. Doch mit dem ersten
Drehtag kommen dem Produzenten Bedenken: Sein Rechtsberater meint, man dürfe
Berlusconi auf keinen Fall beim Namen nennen, sonst würde der Film sofort
verboten. Die Crew berät, wie zu verfahren wäre. Eine Mitarbeiterin
schlägt vor, ihn „Silvio Rossi“ zu nennen, sie fände das witzig. Keiner
lacht.
Solche ständig neu aufkommenden Diskussionen
stehen im Zentrum von Stahlbergs Regiedebüt, der als Schauspieler in „Muxmäuschenstill“ bekannt wurde, sie werden aber immer wieder von
Einschüben dokumentarischen Materials durchbrochen. Zugleich mischen sich
Aufnahmen rund um die Dreharbeiten mit denen des eigentlichen Films, der von
der Entführung handelt. Und wenn die Produzenten, der Regisseur, diverse
Darsteller und Drehbuchautoren zusammensitzen und wild durcheinander reden,
glaubt man sich fast in einem Dokumentarfilm, so authentisch ist die typische
Atmosphäre von schlechter Laune, gegenseitiger Herablassung und allgemeiner
Ermüdung unter idealistischen Selbstausbeutern wiedergegeben. Ihren besonders
irritierenden Charme erhalten diese Aufnahmen dadurch, dass, wann immer der
Name „Berlusconi“ fällt, ein Beep ertönt, währenddessen als Crewmitglied
ein grinsendes Berlusconi-Double am Tisch sitzt.
Angeregt vom Comic-Heft seines kleinen Sohnes kommt
dem Regisseur schließlich die rettende Idee, seinen Hauptprotagonisten
„Micky-Laus“ zu nennen und aus ihm den „Bürgermeister“ von Hühnerhausen,
Herrscher über den Sender „Melonen-TV“ zu machen. Die Szenen, die zeigen,
was dieser Fernsehsender so in den Äther schickt, gehören zu den satirischen
Höhepunkten des Films: Da gibt es die Werbung mit anzüglich agierenden
jungen Frauen, die dümmlich-einseitige Berichterstattung über die
Entführung und vor allem den Irrsinn der ständig durchs Bild laufenden
Schrift-Bänder, die dazu aufrufen, das Lied des entführten Bürgermeisters
als Klingelton fürs Handy herunterzuladen.
Auf beiden Erzählebenen spitzt sich die Lage
immer mehr zu, wobei Autor und Regisseur Stahlberg zu zeigen versucht, wie die
Angst vor politischer Verfolgung auch zur selbst erfüllenden Prophezeiung
werden kann. Dass „Bye-Bye Berlusconi“ so kurz vor den Parlamentswahlen in Italien
in die Kinos kommt, ist eigentlich schade, denn wer wird sich nach einer möglichen
Abwahl des Mannes noch für den Film interessieren? Und wird er wiedergewählt,
wird der Film, zumindest in Italien, wahrscheinlich doch noch verboten. Und
dafür ist er doch eigentlich zu harmlos in der Satire. Für notorische
Rechthaber ist das eine missliche Lage.
Barbara Schweizerhof
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: epd Film
Bye
Bye Berlusconi
Deutschland
2005. Regie: Jan Henrik Stahlberg. Buch: Lucia Chiarla, Jan Henrik Stahlberg.
Mit:
Maurizio Antonini, Lucia Chiarla, Fabio Bezzi, Franco Leo, Jan Henrik Stahlberg,
Pietro Bontempo, Pietro Ragusa.
Länge: 92 Min. FSK:
12, ff.
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