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Brust oder Keule

 

 

 

Schenkelklopfer unkaputtbar

 

Ach, in den 70ern war die Arbeitswelt halt noch in Ordnung. Da ohrfeigt ein Chef seinen Untergebenen, eine saftige rechts, eine saftige links, und bei der dritten ruft der Angestellte plötzlich: "Halt! Oder ich spreche mit meiner Gewerkschaft." Der Chef läßt angesichts dieser Spielverderberei betrübt die Arme sinken und murmelt: "Aber es war doch verdient." Daraufhin der Angestellte: "Ja, die ersten beiden schon, aber mehr nicht."

 

Die Tage, da man noch über die Gewerkschaften scherzte. Wehmütig sieht man, wie die Sekretärin von Louis de Funès nach einem schröcklichen Sturz vom Kronleuchter schreiend am Boden liegt und sich das gebrochene und windschief abstehende Bein hält, bis der Chef dazu kommt und den Stelzen mit resolutem Schwung und einem trockenen Krachen höchstselbst wieder einrenkt und sie zurück zur Arbeit scheucht. Daß am nächsten Tag dann doch eine wunderschöne Vertretung für die alte Vogelscheuche auftaucht, hat eher mit dramaturgischen Gründen zu tun als mit Realismus – die hübsche Neue bandelt schließlich mit dem Sohn des Chefs an.

 

Sicher, so etwas wie eine Continuity ist nicht vorhanden in diesem klassischen Schenkelklopfer von 1976, die Kamera ist wackelig, den Schnitt finden selbst Laien mies, und die tragische 70er-Jahre-Synchronisation tut ein übriges. Aber es gibt Nummern, die sind einfach unzerstörbar. Eine Fernsehdiskussionsrunde mit dem vielsagenden Titel "Alle Schläge sind erlaubt" muß man ebenso gesehen haben wie eine Slapstickroutine mit drei Personen, zwei Hotelzimmern, drei identischen Koffern und einem schier perfekten Timing. Und auch ansonsten winken eine Fülle absurdester Situationen, durch die der Gourmetkritiker de Funès gehen muß: vom Kneipenwirt, der ihn mit der Schrotflinte zum Verzehr verfallener Essensware zwingt, über die Krankenschwester, die ihn mit Drogen so vollpumpt, daß er denkt, der breiige Krankenhausfraß wäre Nouvelle Couisine, bis hin zum megalomanischen Essensfabrikanten, der ihn zu Konservenfleisch verarbeiten will.

 

Louis de Funès ist natürlich wieder einmal unersetzlich als hyperaktiver, arroganter, ebenso unbestechlicher wie unbelehrbarer Essens-Ranicki, und auch der französische Komiker Coluche ist großartig in der Rolle des tölpelhaften Patriarchensohn, der gerne Zirkusclown wäre und dafür geradezu erschreckend viel Talent zeigt. Aber die eigentlichen Hingucker hier sind die Nebendarsteller, die belustigt dabei zusehen, wie Regisseur Zidi diese beiden von einer Gemeinheit in die nächste hetzt. Die liebliche Ann Zacharias beispielsweise, die durchgehend versucht, ihr hübsches Grinsen zu unterdrücken. Oder Raymond Bussières als Chauffeur, der dauernd nur indigniert den Kopf schüttelt ob der haarsträubenden Abenteuer, durch die sein Chef stolpert. Ihn begleiten würde er nie, das verbietet die Gewerkschaft.

 

Daniel Bickermann

 

Dieser Text ist zuerst erschienen im:  Schnitt

 

Brust oder Keule

L’ aile ou la cuisse. F 1976. R,B: Claude Zidi. B: Michel Fabre. K: Claude Renoir. S: Monique Isnardon, Robert Isnardon. M: Vladimir Cosma. P: Bernard Artigues. D: Louis de Funès, Coluche, Ann Zacharias u.a. 104 Min.

 

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