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Brotherhood

Zwei Brüder im Koreakrieg

 

Korea 1950: Die Brüder Lee Jin-tae und Lee Jin-seok führen ein ruhiges Leben. Jin-tae, der in Kürze heiraten will und als Schuhputzer arbeitet, finanziert seinem kleinen Bruder das Studium. Als der Krieg ausbricht, werden beide zwangsrekrutiert. Jin-tae meldet sich zu jedem Himmelfahrtskommando, um Jin-seok zu beschützen, ihn vielleicht ganz vor dem Kriegsdienst zu bewahren. Dieses Motiv rückt in den Hintergrund in dem Maße wie sich der erklärte Kriegsgegner Jin-tae vom Hass den Nordkoreanern gegenüber leiten lässt. Er tötet Kriegsgefangene und begeht jedwede Grausamkeit. Dies bringt ihn in Distanz zu seinem Bruder.

 

Als Jin-tae und Jin-seok im Kriegsverlauf zufällig in ihre Heimatstadt geraten, wendet sich das Blatt. Jin-tae gewinnt irrtümlich den Eindruck, dass Jin-seok von der Geheimpolizei verhaftet und ermordet wurde. Er wechselt die Fronten und wird Kriegsheld der nord-koreanischen Armee. Jin-seok wiederum begibt sich auf die Suche nach ihm. Eine Suche, die 50 Jahre andauern wird. BROTHERHOOD ist eine fulminante, streckenweise extrem grausam und naturalistisch inszenierte Kriegserzählung, die den Wahnsinn des Koreakonfliktes anhand einer Familiengeschichte vor Augen führt. Regisseur Kang Je-gyu wurde verschiedentlich vorgeworfen, sich an der Ästhetik von US-Filmen wie SAVING PRIVATE RYAN zu orientieren. Und in der Tat sind die dargestellten Kampfhandlungen mit immensem Materialaufwand inszeniert, mit agiler, fast schon taumelnder Kamera, zahllosen Statisten und nicht zuletzt extrem blutigen Spezialeffekten. In diesen Szenen verlieren nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Zuschauer den Überblick.

 

Die Ähnlichkeit mit westlichen Kriegsfilmen und Kriegsfilmserien („Band of Brothers") jüngeren Datums ist aber nicht unbedingt negativ. Die Kinokulturen lernen gegenseitig voneinander, und wenn dies – wie hier – an einem Thema geschieht, das die US-amerikanische und südkoreanische Kultur ohnehin historisch miteinander verbindet, ist es umso interessanter, weil sich darin auch die Adaption ästhetischer, moralischer und historischer Perspektiven zeigt.

 

BROTHERHOOD ist zwar nicht immer frei von ideologisierter Darstellung, doch wird der Koreakrieg keinem „höheren Ziel" untergeordnet, als das Gleichgewicht der Systeme zu (de)stabilisieren. Daher wirken die Kampfhandlungen und deren Folgen für die darin Verwickelten umso gravierender. Dabei bleiben selbst solche Fragmente stets den vielfältigen moralischen Wendungen des Geschehens unterworfen.       

 

Stefan Höltgen

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in: epd Film 7 / 2006

 

Brotherhood

TAE-GUK-GI HUI-NAL-RIE-MYEO

Südkorea 2004. R und B: Kang Je-gyu. P: Lee Seong-hun, Choi ]in-hwa. K: Hong Gyung-pyo. Sch: Park Gok-ji, Choi Kyeong-hi. M: Lee Dongjoon. T: Lee Tae-kyu, Kim Suk-won. A: Shin Bo-kyoung. Pg: Kang Je-Kyu. V: 3L Filmverleih. L: 143 Min. FSK: 16, ff. Da: Jang Dong-gun (Lee Jin-tae), Won Bin (Lee Jin-seok), Lee Eun ju (Young-shin), Kong Hyeong-Jin (Young-man), Choi Min-sik (nordkoreanischer Kommandant), Jeon Jae-hyeong (Yong), Kim Su-ro (Mitglied der antikommunistischen Föderation).

Start: 29.6.2006 (D)

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