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Der brave Soldat Schwejk

 

Die Abenteuer des zahmen Soldaten Schwejk

 

Europäischer Streuner, Politclown, Deserteur und immer wieder Kneipenanarchist – Jaroslav Hašek hat in seinen fast 40 Lebensjahren so einiges angestellt, das meiste gesehen und glücklicherweise fast alles aufgeschrieben. Letzteres weniger aus einem inneren Drang als aus der Notwendigkeit heraus, etwas Geld zu verdienen – meist für die nächste Zecherei. Eine der zahlreichen Anekdoten lautet dann auch, dass er das Honorar für die heftweise erscheinenden Abenteuer des braven Soldaten Schwejk während des Weltkriegs schneller versoffen hat, als Nachschub schreiben zu können.

 

Von dem Ruhm und dem Eingang in die Weltliteratur, die der Schwejk bedeutete, hat Hašek nichts mehr mitbekommen, weil er sich mit 39 Jahren ins Grab gesoffen hatte. Dennoch bliebt viel von ihm in der Figur des Schwejk, dem unverwüstlichen Antihelden der kleinen Leute. „Schwejk, Josef“, wie er sich vorzustellen pflegt, ist, wie er gleich entschuldigend anfügt, „behördlich anerkannter Idiot“. Als solcher kommt er im Wien der k.u.k. Monarchie mit dem Verkauf von Hunden inklusive gefälschtem Stammbaum über die Runden. Solange, bis der Erste Weltkrieg ausbricht und die österreichischen Behörden den Fehler machen, den Rheumatiker Schwejk einzuberufen. Der Rest ist Geschichte – im hervorragenden Buch natürlich, dem Volksmund, auf der Bühne und in einigen Variationen auch auf Film.

Eine der bekanntesten Schwejkverfilmungen stammt von Axel von Ambesser. Die beste ist diese 1960 erschienene Adaption nicht. Die Auswahl der Szenen ist auf Bekanntes und vor allem Harmloses beschränkt oder um eben solches erweitert, die Inszenierung allzu simpel und gefällig. Sehenswert ist sie allein aus zwei Gründen. Zuerst der negative: Ambesser hat alle Szenen, in denen Deutsche vorkommen – und das heißt immer auch: parodiert werden – unter den Tisch fallen lassen. Selbst in den nachträglich zur Romanhandlung eingefügten Verbindungsszenen, die mit Archivmaterial und bemüht schwejkhaftem Kommentar den historischen Hintergrund erläutern sollen, findet sich von Deutschland bis auf eine Karikatur und einige Pickelhauben keine Spur. Das ist sehr aufschlussreich, wenn man sich für Vergangenheitsbewältigung oder eben deren Unterbleiben interessiert, jedoch auch schade, weil einige der köstlichsten Szenen aus dem Schwejk Breitseiten gegen „die Preußen“ sind.

 

Der zweite, positive Grund verhindert, dass diese Adaption im Strom des Vergessens untergeht: Es ist Heinz Rühmann, der mit Hingabe den Schwejk spielt. Sein charmantes Lächeln, der treudoofe Blick und der perfekt nachgeahmte böhmische Dialekt machen Rühmann zum besten Schwejkdarsteller aller Zeiten. Wenn Rühmann seine Widersacher – die Offiziere, Beamten und andere feine Leute – mit seiner Gelassenheit und Bauernschläue zum Wahnsinn treibt, versteht man, was Tucholsky mit dem Vergleich meinte, Schwejk sei ein Quadrat in einer Welt voller Kreise. Hätte Ambesser doch nur mehr gewagt, seinen Film der anarchischen Natur des Romans angenähert, anstatt aus dem braven (eigentlich: guten) Soldaten einen zahmen zu machen!

 

Thomas Hajduk

 

Der brave Soldat Schwejk

Deutschland 1960. R.: Axel v. Ambesser. B.: Hans Jacoby, Jaroslav Hašek (Roman). P.:Arthur Brauner. K.:Richard Angst. Sch.: Angelica Appel, Hermann Haller. M.: Bernhard Eichhorn. D.: Heinz Rühmann, Ernst Stankovski, Franz Muxeneder et al. Länge: 96 Min.

 

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