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Blues
Brothers 2000
Wie
geht der Blues? Twiddeldiiiääng-twiddeldi,twiddeldi in der Gitarrenregion.
Dwööö-ö-ü-öm. Macht die Mundharmonika. Dumpndumpdumpnd-daa-da-dumpndumpd
geht es in der Rhythm Section. So geht der Blues. Oder so ähnlich. Oder
auch anders. Aber wie geht der Blues im Film? Jedenfalls nicht so:
Elwood
Blues kommt nach Jahren aus dem Gefängnis. Genau zwischen Mauern, Stacheldraht
und Wachtürmen auf der einen, ewiger Wildnis, Sand und Wind auf der anderen
Seite wartet er auf seinen Bruder Jake, wartet ziemlich lange. Jake kann ja
auch nicht kommen, weil er tot ist, was man noch als Blues-Grundlage durchgehen
lassen könnte. Nachdem der Gefängnisleiter Elwood die traurige Mitteilung
gemacht hat, gelangt er zum Waisenheim, wo immer noch die drakonisch gütige
Oberschwester herrscht (Kathleen Freeman, die wir aus so vielen Jerry-Lewis-Filmen
kennen) und ihm sogleich die Aufsicht über einen Jungen aufhalst, der sich
nach und nach als kleinster Blues-Brother der Welt profiliert. Wie damals, im
Original des Films, setzt der Held nun alles daran, die alte Band wieder zusammenzutrommeln,
und statt John Belushi hat Dan Aykroyd jetzt John Goodman als Partner. Ansonsten
gibt es einige der Szenen des Originals
in neuer Fassung: der Auftritt der Blues Brothers als Country-Band (was Gelegenheit
zu einer ZZ-Top-Persiflage und einer wahrhaft apokalyptischen Version von "Ghost
Riders in the Sky" gibt), wahnwitzige Destruktionen von Polizei-Automobilen,
Gastauftritte guter bis sehr guter Musiker und ehrlich gesagt auch reichlich
Leerlauf, Herumgetue por nada. Das Ganze endet in einer grandiosen Villa in
den Cajun-Sümpfen, wo eine Voodoo-Priesterin ein Battle of the Bands durchführt,
bei dem die Blues Brothers gegen eine All-Star-Band antreten, die gleich den
Fehler des ganzen Films wiederholt: Quantität erschlägt Qualität.
Ein noch so guter Musiker hat keine Chance, wenn er in einer Gruppe von zwanzig
genauso guten Musiker dazu verdonnert ist, nur ein Schnell-Zitat seines Stils
abzugeben. Und ein guter Einfall hat keine Chance, wenn er gleich unter dem
nächsten Effekt begraben wird.
Es
passiert das Schrecklichste, was einem Musikfilm passieren kann: daß sich
die Musik und die Handlung gegenseitig stören statt sich zu ergänzen.
Daß der Blues nicht sichtbar wird vor lauter cineastischem Luxus. Und
dabei werden noch nicht einmal die Charaktere besonders entwickelt. Was für
ein Wahnsinnsschauspieler John Goodman ist, zeigt er etwa in den Filmen der
Brüder Coen. Hier ist er nur netterweise auch dabei. Und schließlich
geht auch als Komödie Blues
Brothers 2000
nie so richtig los; die Gag-Dichte ist höchst bescheiden, und die raren
Pointen werden reichlich umständlich entwickelt. Bleiben also die Schauwerte,
und auf die versteht sich der seit geraumer Zeit an Inspirationsmangel leidende
Regisseur Landis immerhin. Es gibt immer was zu gucken in diesem über-ausgestatteten
Film.
Kein guter, aber auch kein wirklich schlechter Film also ist das,
es gibt wahrlich schlimmere Arten, einen verregneten Nachmittag zu verbringen
als in diesem harmlosen Nostalgie-Trip, in dem – wie schon im originalen Blues Brothers-Film – Aretha Franklin
eine der besten Szenen hat, weil nämlich in ihrem (kurzen) Auftritt Bewegung,
filmisches Drama und Musik zu einer Einheit werden, was man ansonsten weitgehend
vermißt. Die Blues Brothers 2000 sind immer noch die alten: nette, ein bißchen akademisch-stilisierte
und in Wahrheit ziemlich sentimentale weiße Jungs mit sehr dunklen Sonnenbrillen,
die den Blues spielen und es originell finden, in einem umgebauten Polizeiwagen
durch das Land zu brettern, auf der Suche nach den schwarzen Wurzeln ihrer Musik.
Der Blues hört sich im Jahr 2000 aber wahrscheinlich anders an. Vielleicht
so wie auf der letzten CD von Taj Mahal, der aber leider nichts mit diesem Film
zu tun hat.
Georg Seeßlen
Dieser Text ist zuerst erschienen in: epd film 6/98
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