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Blood
Feast
Miami,
Anfang der Sechziger Jahre. Das Schwarzweiß-Blut, das Alfred Hitchcock
mit "Psycho"
wenige Jahre zuvor auf der Leinwand zeigte, war dem Filmemacher Herschell Gordon
Lewis zu wenig. Lewis und sein Produzent Friedman hatten zuvor eher die Sexploitation-Ecke
mit Filmen wie "Living Venus" bedient, und sahen sich nun bereit,
größtenteils auf Sex und Nacktheit zu verzichten, dafür aber
dem Zuschauer etwas noch Geistloseres vorzusetzen. Etwas, das ebenso einfach
zu konsumieren war, wie platter Sex auf der Leinwand; etwas, das keine besondere
Bildung voraussetzte. Pure Gewalt. Blut. Herschell Gordon Lewis drehte mit "Blood
Feast" den ersten Gore-Film der Filmgeschichte.
Gore
gibt’s in "Blood Feast", das ist richtig. Wenn sich der Mörder,
dessen Identität innerhalb der ersten zwei Minuten als der ägyptische
Delikatessenhändler Fuad Ramses offenbart wird, bei jedem Anschlag auf
einsame Frauen auf brutale Weise ein Souvenir aus deren leblosen Körpern
herausschnitzt, dann hält Lewis mit seiner Peep-Show-Kamera voll drauf
auf das glibberige, rote Resultat. Realistisch fallen die Gore-Effekte nie aus.
Auch erschreckend kann man das simple Herumgematsche mit angeblich abgetrennten
Zungen und Gehirnen nicht nennen. Jedoch die Art, mit welcher provokanten Selbstverständlichkeit
Lewis hier die billigen Replikas menschlicher Innereien filmt, ist ebenso abstoßend,
wie die pure Definition des Exploitation-Genres. "to exploit" heißt
ins Deutsche übersetzt "ausbeuten, ausnutzen". Und genau das
macht Lewis mit seinen Gewaltszenerien. Er nutzt all ihre Kraft, all ihre Widerwärtigkeit
aus, hält uns seine vor Erdbeermarmelade triefenden Schauspieler minutenlang
vor’s Gesicht. In "Blood Feast" sind es jene urigen Morde, die die
Höhepunkte in Lewis’ Storytelling darstellen.
Das
Drumherum, so gibt Lewis selber zu, habe er erst dazugedichtet, nachdem er wusste,
wie schrecklich und detailliert seine Mordszenen auszusehen haben. Ganz wie
bei seinen Sexfilmen geht es Lewis nicht darum, eine Geschichte mit Charakteren
zu erzählen, sondern eine Alibi-Story für die Gore-Highlights zu spinnen.
Dass er dabei nicht wirklich gründlich gearbeitet hat, kommt "Blood
Feast" nur zu Gute. Denn nun ist Lewis’ Werk ein unterhaltsames Trashmovie:
campy, billig, humorvoll und schrill. Die Liste der Kontinuitätsfehler
wäre gigantisch, inhaltliche und logische Albereien gibt’s zu Hauf, und
die Schauspieler sind alles andere als überzeugend. Lewis’ selbstkomponierter
Score setzt dem allem eine Krone auf. Krudes Drummachine-Gebummere ohne Stil,
dafür aber mit dem gewissen eigentümlichen Charme, der "Blood
Feast" die ganze Zeit umgibt. Obwohl "Blood Feast" nur leicht
über 60 Minuten andauert, ist der Film dennoch extrem langsam. Nur sehr
gemächlich kommt der Zuschauet in dem Film voran. Lewis hatte wahrlich
keine Eile beim Erzählen seines Exploitation-Flicks.
"Blood
Feast" verdient filmhistorisch motiviertes Kopfnicken, wenn man bedenkt,
dass dies wahrlich der erste Gore-Film, der erfolgreich in den amerikanischen
Drive-In-Kinos war. Respekt gebührt dem, was damals, 1963 in Miami geschah.
Jedoch: Auch wenn die wunderlich gestaltete Geschichte noch so amüsieren
mag, so überraschend konsequent die Leichen hier in Szene gesetzt werden
– so lahm ist das Tempo, so untalentiert sind die handelnden Personen im Film.
"Blood Feast" mag bis zu einem gewissen Grad unterhalten, doch man
ist dann schon irgendwie froh, nach 67 Minuten den Fernseher dann endlich ausstellen
zu können.
Björn
Last
Diese Kritik ist zuerst erschienen in: Mitternachtskino
Blood
Feast
Originaltitel:
Blood Feast. USA,
1963. Regie: Herschell Gordon Lewis. Drehbuch: Allison Louise Downe (nach der
Geschichte von Herschell Gordon Lewis und David F. Friedman). Produktion: David
F. Friedman, Sanford S. Kohlberg, Herschell Gordon Lewis. Kamera: Herschell
Gordon Lewis. Schnitt: Frank Romolo, Robert L. Sinise. Musik: Herschell Gordon
Lewis. Darsteller: William Kerwin (Pete Thornton), Mal Arnold (Fuad Ramses),
Connie Mason (Suzette Fremont), Lyn Bolton (Dorothy Fremont), Scott H. Hall
(Frank), Toni Calvert (Trudy Sanders), Ashlyn Martin (Marcy), Sandra Sinclair
(Pat Tracey). Farbe. 69 Min.
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