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Blind Wedding – Hilfe, sie hat ja gesagt 

Für ausgefallene Heiratsanträge bietet das Kino die besten Vorlagen. Am Schluss von „Leoparden küsst man nicht“ (fd 13 905) gesteht Cary Grant Katharine Hepburn seine Liebe auf dem Rücken eines Brontosaurier-Skeletts (das prompt zusammenstürzt). Und in „Der unsichtbare Dritte“ (fd 8 754) hält derselbe Darsteller ausgerechnet in den Klippen des Mount Rushmore um Eva Marie Saints haltsuchende Hand an. Dass bereits weniger schwindelerregende Heiratsanträge gründlich scheitern können, zeigen zwei Fehlversuche in „Blind Wedding“. Nummer eins: Ein halbnackter Twen namens Anderson probiert es im Kostüm des Liebesgottes Cupido, im Glitterslip-und-Engelflügel-Outfit, worauf die Angebetete einen tödlichen Herzanfall erleidet. Nummer zwei: Ein Kieferorthopäde bringt den Willst-Du-meine-Frau-werden-Satz im Pantomimespiel unter. Seine Möchtegern-Schwiegereltern sind entzückt, ihre Tochter Katie weniger. Durch puren Zufall prallen schließlich zwei verlorene Seelen aufeinander: Anderson, dem die tote Freundin ab und zu drohend im Traum erscheint, und Katie, die als Kellnerin in einem Schnellrestaurant arbeitet. Aus seinem Schuldgefühl, das ihn nun schon seit einem Jahr plagt, versucht Anderson sich spontan zu befreien, indem er der wildfremden Bedienung einen Heiratsantrag macht. Katie sagt ja. Doch das Zufallspaar, das sich fortan verbissen um die Einhaltung des gegenseitigen Heiratsversprechens bemüht, hat sich einiges aufgehalst.

 

Auch Michael Ian Black sprang wohl ins kalte Wasser. Der Schauspieler, Comedian und Drehbuchautor führte bei „Blind Wedding“ zum ersten Mal Filmregie. Die Cupido-Eingangssequenz missglückt ihm völlig, weil die Situation an den Haaren herbeigezogen und das Timing miserabel ist. Von diesem Fehlstart kann sich der Film nicht mehr erholen, obwohl Black später ein wenig mehr Geschick mit Situationskomik und Slapstick beweist und als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion dem Paar amüsante Nebenfiguren in den Weg stellt, denen Katies und Andersons Hochzeitspläne vorwiegend nicht passen, was das Duo freilich noch mehr aneinander schweißt. In die Exzentrik dieser „supporting characters“ setzt Black zu Recht mehr Vertrauen als in seine blasse Lovestory. Da wäre Katies Mutter, hinter deren spießiger Erscheinung ein Vulkan schlummert. In zweiter Ehe mit einem Langweiler verheiratet, blüht die Dame auf, als ihr Ex-Mann aus dem Gefängnis ausbricht – beide entwickeln sich zu einer reifen Version von „Bonnie und Clyde“. Andersons Eltern wiederum irritieren die jüngere Generation mit ausgefallenen Sex-Gewohnheiten. Solch anarchische Erzeuger, die ihre Kinder mit krassem Verhalten links überholen, sind dank Filmen wie „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ (fd 36 924) längst zum gängigen Komödien-Motiv geworden. Gerade bei „Blind Wedding“ impliziert die Allmacht der „Schwiegermonster“ aber auch, dass das zentrale Paar rettungslos in die Bedeutungslosigkeit abdriftet. Schade um Jason Biggs, der mit „American Pie“ (fd 34 042) zum Star aufstieg und als Woody Allens Alter Ego in „Anything Else“ (fd 36 660) glänzte. An reine Verschwendung grenzt auch die Besetzung der weiblichen Hauptrolle mit der munteren Isla Fisher („Hochzeits-Crasher“, fd 27 128). Beide Darsteller bemühen sich redlich, ihre Charaktere mit Leben zu füllen – vergeblich, denn ausgerechnet ihren Rollen fehlt das Individuelle. Während sich Katies extrovertierte Restaurant-Kollegen beim Messerwerfen und Schwertschlucken die Zeit vertreiben, erfährt man nicht einmal im Dialog, welchem Beruf Anderson eigentlich nachgeht. Besondere Kennzeichen? Null. Hobbys? Offenbar keine. Der Leading Man als unbeschriebenes Blatt – es verwundert, dass sich an diesem Drehbuchmissgeschick kein Produzent stieß.

 

Dass Michael Ian Black eine Neo-Screwball-Comedy im Geist von „Leoparden küsst man nicht“ (fd 13 905) vorschwebte, könnte man aus dem Semifinale herleiten, in dem sich alle Beteiligten in einem Gefängnis wiedertreffen, ganz wie im Film von Howard Hawks. Freilich kann die hier im Heiratsparadies Atlantic City platzierte Szene nur als krasses Beispiel einer Copy-and-Paste-Mentalität dienen, die sich auch dem filmhistorisch weniger Bewanderten durch das Fehlen eines tragenden Erzählbogens enthüllt.

 

Jens Hinrichsen

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in: film-Dienst

 

Blind Wedding

USA 2008 – Originaltitel: Wedding Daze – Regie: Michael Ian Black – Darsteller: Jason Biggs, Isla Fischer, Joe Pantoliano, Joanna Gleason, Edward Herrmann, Margo Martindale, Michael Weston – Prädikat: wertvoll – FSK: ab 12 – Länge: 90 min. – Start: 1.5.2008

 

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