Blade
Mit Biss
Inhalt: Der Daywalker Blade tötet Vampire am laufenden Band.
Kritik: Kaum ein Mythos, kaum eine Legende hat tieferen Eingang in
die Popkultur gefunden als der Glaube an den untoten Blutsauger, den
Nosferatu, den Dracula: le vampire. So häufig sind die Bücher, Filme und
Spiele zum Thema, daß man fast glauben könnte, die Untoten gäbe es
wirklich, und sie kontrollierten die Menschheit mit einer gezielten
Desinformationsstrategie. Dazu paßt, daß keine zwei Vampirwerke sich
einig sind, was einen Nosferatu zum Nosferatu macht und was einen Vampir
schafft oder tötet. Konsens scheint nur im Glauben zu bestehen, die
Kinder der Nacht mieden das Licht des Tages.
Aber da kommt Blade – mimisch etwas sparsam, aber ansonsten sehr passend
One-Liner-cool vom muskulös-behenden Wesley Snipes in tiefschwarzen
Klamotten verkörpert -, geradezu der Prototyp eines Daywalkers, die
Stärken beider Welten vereinend, ohne ihre Schwächen zu teilen. Von
seinem ersten Auftritt an, als er ganz allein eine von Theo van de Sande
stylish-cool gefilmte und von Mark Isham mit wummernd-fetzigen Bässen
unterlegte Vampirdisco effektvoll aufräumt, wird die Richtung von Stephen
Norringtons Film klar, und spätestens ab dieser Stelle sollten
zartbesaitete, schreckhafte oder unter Magengeschwüren leidende Naturen
schnellstmöglich den Saal verlassen, um nicht der brutal-splatterigen
Enthauptungen, Verbrennungen, Aufschlitzungen, Abhackungen und
Knochenbrechungen ansichtig zu werden. So verpassen sie zwar die durchweg
genial-dynamisch choreographierten und mit meist gelungenen F/X
veranschaulichten Actionszenen, in denen Snipes und seine Sparringpartner
zeigen, auf wieviele verschiedene Arten man sterben kann; aber sie
bekommen auch nicht die gelegentlichen Plotholes, Ungereimtheiten und
fragwürdigen Selbstjustiz- und Euthanasie-Aussagen mit, die den Filmgenuß
zwar nicht trüben, aber dem aufmerksamen Zuschauer dennoch unangenehm ins
Auge stechen können.
Denn auch ein gelassener Kris Kristofferson als Blades väterlicher
Mentor, eine ordentlich-energische N’Bushe Wright als Blades weiblicher
Schützling, eine nicht so genannt werden wollende Ex-Pornoqueen Traci
Lords als sexy Gespielin Racquel, ein gewohnt helläugig-starkakzentiger
Udo Kier als konservativer Vampirfürst und ein manchmal etwas schlapp
agierender, aber größtenteils skrupelloser Stephen Dorff als rebellisches
Halbblut können nicht verhehlen, daß die Vorlage zu Blade kein
nobelpreiswürdiger Roman, sondern ein Actioncomic ist.
Das aber haben Norrington und sein Team mit krachiger Musik, coolen
Sprüchen und blutig-explosiven Kämpfen so kongenial-charmant umgesetzt,
daß man(n?) ihnen auch dann nicht böse sein kann, wenn Dorffs Thugs seine
jahrtausendealten Schriftrollen mutwillig zerstören, nur um Blades Haut
lebend habhaft zu werden. Auch das nach all der aufwendigen mystischen
Vorarbeit eher unterdimensioniert-kurze, aber
Computerblut-spezialeffektlastige Überwinde-dein-Trauma-Finale wird so
doch noch freudig, weil der ideal besetzte Snipes und sein Feind auf
unnachahmlich unrealistisch-filmmäßige Weise die Klingen kreuzen dürfen,
daß die Funken nur so ins Publikum fliegen. Wer auch da nicht Feuer für
den schnörkellos-schwarzhumorigen Blade fängt, ist entweder nicht mehr im
Kino oder schon ein Zombie wie Dr. Johnsons Assistent – Mundgeruch,
nachlässige Kleidung, stierer Blick und unförmige Proportionen lassen
hierbei zweifelsfrei den blutgierigen Untoten erkennen. Happy hunting!
Andreas C. Lazar
Diese Kritik ist zuerst erschienen in:
Blade (USA 1998)
Regie: Stephen Norrington
Darsteller: Wesley Snipes, Stephen Dorff, Kris
Kristofferson, N’Bushe Wright, Traci Lords, Udo
Kier