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Der Beweis 

Fatal Egal

 

Dies ist der richtige Film für alle, die Gwyneth Paltrow schon immer doof fanden. Aber von Anfang an. John Madden kam mit "Shakespeare in Love" als Regisseur zu Ruhm und Ehre. Gwyneth Paltrow spielte darin eine Hauptrolle als sehnsuchtsvoll leidendes Unschuldsgeschöpf. Das war irgendwie nervig, aber irgendwo in Ordnung, denn es ging ja vor allem um Shakespeare, und der Film war ein fantasievolles Was-wäre-wenn-Spiel. Dann bekam Gwyneth Paltrow unter Tränen den Oscar und etwas später ein Kind namens "Apple", und spätestens da fand man sie gerechtfertigterweise doof. Dabei kann sie gar nicht so viel für "Der Beweis", denn das Problem liegt hier woanders.

 

John Madden versucht sich an der Geschichte eines alten Mathematikprofessors, der erst geistig verwirrt und dann tot ist, sowie seiner Tochter und eines Studenten. Der alte Herr hat massenweise vollgekritzelte Notizbücher hinterlassen, alles sinnloses Gestammel, bis der Student dazwischen einen sensationellen mathematischen Beweis findet. Wie kann das sein? War der Alte vielleicht doch noch ganz gut beieinander, und keiner hat es gemerkt? Nein, die Tochter hat es geschrieben. Wie das wiederum? Ist sie auf einmal mathematisch hochtalentiert?

 

Es gibt im Kino eine grundlegende Sache, in England nennt man sie "Suspension of Disbelief", das bedeutet: Man muß dran glauben, man darf nicht denken: Alles nur Theater. Man könnte dem aber noch eine Kategorie hinzufügen, grundlegender, einschneidender, und das wäre auf deutsch: die Aufhebung der Langeweile. Wenn keine der Figuren irgendeinen Ansatz hat, für den man sich begeistern könnte, wenn kein Drama sich entfaltet, wenn jeder Konflikt nur behauptet ist, dann ist alles egal, und das ist fatal. Nirgends wird spürbar, was die Menschen bewegt, jeder bleibt hinter seiner Fassade, der amerikanische Mittelstand kreist um sich selbst. Das liegt am Drehbuch, da kann der Regisseur nicht so viel dafür und die Schauspieler schon gar nicht – sie geben sich Mühe, aber da sie nichts zu tun haben, sieht man nur Anstrengung. Und das spielt der leicht nervigen Grundausstrahlung, die Gwyneth Paltrow nun mal von Haus aus hat, voll in die Hände. Dauernd ist sie gestreßt und irgendwie hysterisch, weil sie es halt sein muß, aber man kann es nicht nachempfinden. Und das ist schade.

 

Es gibt eine Stelle, da entlarvt der Film sich selbst. Auf der Beerdigung des alten Mannes spielt ein Streichquartett. Gwyneth Paltrow geht einfach nach vorn, redet dazwischen und haut den Anwesenden ihre Heuchelei um die Ohren. Und als sie die Kirche verläßt, setzt uninspirierte Filmmusik ein. Falsche Harmonie wird zerstört und gleich darauf durch noch viel falschere Harmonie ersetzt. Mehr muß man nicht sagen.

 

Dietrich Brüggemann

 

Dieser Text ist zuerst erschienen im:  Schnitt

 

 

Der Beweis

Proof. USA 2005. R: John Madden. B: David Auburn, Rebecca Miller. K: Alwin H. Kuchler. S: Mick Audsley. M: Stephen Warbeck. P: Miramax, Hart-Sharp. D: Anthony Hopkins, Gwyneth Paltrow, Jake Gyllenhaal, Hope Davis u.a. 99 Min. Buena Vista ab 4.5.06

 

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