zur
startseite
zum
archiv
Bad
Santa
Schon während der Anfangscredits dürfte
klar werden: Bad Santa ist nicht der durchschnittliche, nette Weihnachtsfilm
für die ganze Familie. Billy Bob Thornton sitzt da als abgewrackter Santa
in einer dunklen Kneipe, denkt darüber nach, dass er schon viele beschissene
Jobs in seinem Leben angenommen hat, aber dieser hier wirklich das Allerletzte
ist. Er betrinkt sich, dann tritt er auf die Straße, übergibt sich
neben einer Mülltonne und darüber legt sich der so gar nicht weihnachtliche
Filmtitel. Ein treffender Ausblick auf die 90 Minuten, die den Zuschauer erwarten,
denn Terry Zwigoff, der vor kurzem mit dem grandiosen Ghost
World überraschte, legt
es in Bad Santa
ganz offensichtlich hauptsächlich darauf an, all die Tabus der gängigen
Familienfilme zu brechen. Sein Weihnachtsmann hasst die Bälger, die sich
im Kaufhaus auf seinen Schoß setzen, um ihre immergleichen Wünsche
nach Fahrrädern und Pokemons loszuwerden, und sein Leben nach – und während
– der Arbeit besteht ziemlich ausschließlich aus Alkohol und Sex. Thornton
spielt das ganz wunderbar, überzeugend sein Hass auf die friedliche Zeit
und eine gar angenehme Abwechslung in einer Welt, die schon seit dem späten
September flächendeckend mit Schokoladenfiguren und festlicher Musik versorgt
wird.
Der Grund dafür, dass sich Santa – im bürgerlichen
Leben Willie T. Stokes – all den Stress seines unerträglichen Jobs antut,
ist das Geld. Er lebt nun schon seit mehreren Jahren davon, jedes Weihnachten
mit seinem kleinwüchsigen Partner Marcus (Tony Cox) die Kaufhäuser,
in denen sie arbeiten, um ihre Einnahmen zu bringen. Marcus ist der Kopf hinter
der Logistik und auf den in seinem Alkoholismus immer unzuverlässigeren
Willie ist er lediglich angewiesen, weil dieser es selbst volltrunken noch versteht,
die Safes der Kommerzmaschine Kaufhaus aufzubrechen. Es ist konsequent, dass
ein Film, der einen wohligen Abgesang auf die Segnungen des real existierenden
Weihnachtsfestes abgibt, sich ausgerechnet des Ausraubens von Kaufhäusern
annimmt. Die Satire greift, weil der Bad
Santa, von dem Zwigoff erzählt,
nicht nur in Aussehen und Manieren ein Schlag ins Gesicht klassischer Santa-Ikonografie
ist, sondern weil sich seine Wut mit den Kaufhäusern an eben jenen abreagiert,
die Weihnachten zum Fest des Konsums haben werden lassen. Fast eine Art weihnachtlicher
Robin Hood wäre Willie somit, würde er nicht das erbeutete Geld jeden
Sommer aufs Neue vertrinken, um Anfang Dezember wieder abgebrannt auf den immer
bösartiger werdenden Kumpanen angewiesen zu sein.
Natürlich findet auch Willie seinen Meister,
und zwar – auch hier bedient sich Bad
Santa natürlich beim klassischeren
Weihnachtsfilm – in Form des 8-jährigen Thurman Merman (Brett Kelly). Dennoch
– auch wenn dieser es schafft, auf seine Art Willies Herz zu erweichen und ihn
letztlich sogar dazu bringt, einen rosaroten Stoffelefanten als Geschenk beim
Bruch im Kaufhaus mitgehen zu lassen, so bleibt sich der Film auch in seinen
herzlichen Momenten treu: Santa bleibt bad, das wird klar, wenn der Junge eines Morgens mit
blutüberströmter Hand Willie aus dem Schlaf reißt, und dieser
sich nicht anders zu helfen weiß als mit einer Flasche Whisky, die er
– zur Desinfektion – dem Kind über die Hand kippt. Es ist schön, dass
Bad Santa seinen
so erfrischend bösartigen Humor bis beinahe zum Ende beibehält – wenn
dann natürlich ganz am Schluss fast so etwas wie ein Happy End gefunden
wird, dann denkt man doch lieber zurück an einige der Szenen, die ein passenderes
Ende abgegeben hätten: Etwa jene, in der Santa darauf reagiert, dass ein paar Skateboard-Kids seinen
Schützling Tag für Tag demütigen. Er verprügelt sie, was
sonst, und nach dem Niederschlagen von ein paar Kindern, so erzählt er
danach, fühlt er sich zum ersten Mal seit langem so, als habe er etwas
Sinnvolles getan. Wahrlich ein Bad
Santa.
Benjamin Happel
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
Bad
Santa
USA
/ Deutschland 2003 – Regie: Terry Zwigoff – Darsteller: Billy Bob Thornton,
Tony Cox, Lauren Graham, Brett Kelly, Lauren Tom, Bernie Mac, John Ritter, Ajay
Naidu, Lorna Scott, Harrison Bieker, Alex Borstein, Dylan Charles – Länge:
92 min. – Start: 18.11.2004
zur
startseite
zum
archiv