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Anna und der König

 

 

 

 

Andy Tennants Remake einer schon zweimal verfilmten, leidenschaftsträchtigen Geschichte

 

 

Im Jahr 1862 tritt die britische Witwe Anna Leonowens ihre Stellung als Englischlehrerin am siamesischen Königshaus an. 58 Kinder hat sie zu unterrichten, alle vom selben Vater, König Mongkut, gezeugt. Geboren wurden sie von mindestens 20 verschiedenen Haupt-und Nebenfrauen, was die allein erziehende Lady Anna ihrem Söhnchen gegenüber in Erklärungsnöte bringt. Warum hat Queen Victoria daheim nur einen einzigen Gatten?

 

Der König, obwohl autoritär, will Aufgeklärtheit demonstrieren. Lady Anna nimmt ihre Aufgabe ernst. Und so befördert sie nebenbei das Selbstbewusstsein der Konkubinen und drückt dem Thronfolger zur Erbauung "Onkel Toms Hütte" in die Hand.

 

Der Clash der Kulturen, das ist das eine Thema von Anna und der König. Das zweite ist die Beziehung zwischen der eigensinnigen Anna und ihrem Arbeitgeber, der seiner Gouvernante an Sturheit in nichts nachsteht, die Macht indes auf seiner Seite hat.

 

Dieser Macht, auch der Hofetikette, verweigert sich Anna trotzig. Aber nach und nach bringt der ost-westliche Dauerclinch die beiden einander näher, wobei die Frauenpower-Attitüde, die der Film vor sich her trägt, nur notdürftig den dahinter verborgenen Kulturdünkel tarnt: Der König muss westliche Werte, Anna ihre "weibliche" Seite entdecken.

 

Zweimal wurde der Stoff, der auf realen Ereignissen basieren soll, schon verfilmt: 1946 von John Cromwell (Anna and the King of Siam, mit Irene Dunne und Rex Harrison), und 1956 (The King and I) von Walter Lang als opulentes CinemaScope-Musical mit Deborah Kerr und Yul Brynner. Ein paar Song- und Tanzeinlagen hätten auch der 1999er-Variante gut angestanden, schließlich ist die exotische Mär vom König und der Gouvernante genau der Stoff, aus dem gewöhnlich Operetten gemacht sind. Leider haben sich die Produzenten und Regisseur Andy Tennant (Ever After, 1998) dem Gegenteil verschrieben, nämlich eine angeblich neu recherchierte historisch korrekte Version auf die Leinwand zu bringen. Glaubhaft ist das kaum, zu schematisch die Geschichte, zu schlicht ihre Moral. Es sieht ganz so aus, als sei die Energie hauptsächlich in Kostüme und historische Dekors geflossen, die man – durchaus prächtig – in Malaysia nachbaute, weil die thailändischen Behörden die Drehgenehmigung versagten.

 

In Thailand, wo auch der fertige Film ebenso wie The King and I wegen Verunglimpfung des Königs verboten wurde, ist dann auch um das Filmprojekt eine lebhafte Debatte entbrannt, deren Ausläufer sich im Internet (thaistudent.com/kingandi) studieren lassen.

 

Jodie Foster und Chow Yun-Fat gemeinsam auf die Leinwand zu bringen, ist sicher ein Verdienst, wobei Chow Yun-Fat seine romantische Seite ausleben und Jodie praktische Mütterlichkeit zur Darstellung bringen darf. Richtig fesseln kann das Paar aber nicht, wohl auch, weil dieser Film jede Triebbefriedigung grausam versagt – bis auf ein einziges, zum erotischen Schlüsselerlebnis hochdefiniertes Tänzchen der beiden. Yul Brynner musste damals noch an soviel Entsagung sterben. Aber Brunner war nicht nur sexy, sondern im Gegensatz zu Chow Yun-Fat, Kerr und Foster auch ein hochgradig triebgesteuerter Held.

 

Silvia Hallensleben

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in: epd Film

 

Anna und der König

anna and the king

USA 1999. R: Andy Tennant. B: Steve Meerson, Peter Krikes (nach den Tagebüchern von Anna Leonowens). P: Lawrence Bender, Ed Elbert. K: Caleb Deschanel. Sch: Roger Bondelli. M: George Fenton. T: Brian Simmons. A: Luciana Arrighi, Tom Nursey, Marc Fisichella, John Ralph. Ko: Jenny Beavan. Pg: Fox 2000. FBW: wertvoll. V: Fox. L: 147 Min. DA: Jodie Foster (Anna), Chow Yun-Fat (König Mongkut), Bai Ling (Tuptim), Tom Felton (Louis), Syed Alwi (Kralahome), Randall Duk Kim (General Alak), Lim Kay Siu (Prinz Chowfa), Melissa Campbell (Prinzessin Fa-Ying), Deanna Yusoff (Lady Thiang).

Start: 27.1.2000 (D, CH), 28.1. 2000(A)

 

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