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Alles auf Zucker!

 

 

 

 

Der beste deutsche Film des neuen Jahres. Der beste Dany Levy seit "RobbyKallePaul". Und der beste X-Film seit Tom Tykwers "Heaven"! An der Kritikerbörse setzt man zurzeit "Alles auf Zucker", diese turbulente Ost-West-, köstliche Jud-Goy- und Gestern-Heute-Familien-Komödie.

 

Vierzig Jahre haben sie nicht mehr miteinander gesprochen. Nein, nicht der Ex-Ostblock und der real noch immer existierende Westen. Obwohl die Mauer einst Jaeckie Zucker (Henry Hübchen) und Shmuel Zuckermann (Udo Samel) trennt. Jetzt tragen sie nicht mal mehr den gleichen Namen, der eine beschimpft den anderen als Stalinisten und bekommt dafür ein "Onkel Ayatollah" nachgeworfen. Doch nach dem Tod der Mutter sollen sie sieben Tage lang zusammen trauern, nach jüdischer Tradition die Shiva in einem Raum sitzen. Sonst gibt es kein Erbe – und das können beide dringend gebrauchen ….

 

Jaeckie Zucker müsste eigentlich Zocker heißen: Gerade greift der notorische Spieler wieder nach dem letzten, sehr dünnen Faden. Nur ein Sieg beim Berliner Pool-Turnier kann Zucker vor der Schuldenhaft retten. Doch jetzt kommt die gesamte Mischpocke aus Frankfurt/West rüber und die Trauertermine haben überhaupt keinen Respekt vor den Pool-Duellen. Doch Zucker mimt selbst am Grab noch eine Herzattacke, um das Viertelfinale mit dem Krankenwagen zu schaffen. Aber sein Lügengerüst schwankt heftig.

 

Gleich ein ganzes Rudel vertrackter Situationen hält das rasante Komödientempo konstant hoch. Es ist ja auch viel aufzuarbeiten: Deutsch-deutsche Trennung, dadurch unterschiedlicher Umgang mit dem eigenen Judentum, eine Tochter, die nicht mehr für den berühmten Sportreporter Zucker Medaillen sammeln wollte, sowie Cousinen und Cousins, die sich zu nahe kommen. Unter spritzigen Dialogen, angereichert mit spezifisch jüdischem Humor, genießt man sympathische, niedere Menschlichkeiten und ein Drehbuch, das so dicht ist, wie man es Jahre nicht mehr erlebt hat. Zwei vierköpfige Familien prallen aufeinander und jeder der Acht hat eine Geschichte, mit denen sich die meisten Filmchen zufrieden geben würden.

 

Dazu DIESE Schauspieler: Henry Hübchen gibt mit mehr zerschlagenem als verschlagenem Gesicht seinem Jaeckie Zucker. Ein sympathischer Dauer-Verlierer der Vereinigung. Hannelore Elsner muss als bodenständige Gattin Marlene Schnellkurse in koscherem Leben absolvieren und verzweifelt herrlich an der Trennung zwischen milchig und fleischig. Udo Samel vollführt einen orthodoxen Juden unter Ecstasy. Rolf Hoppe freut sich als Rabbi Ginsberg darauf, dass das Erbe bei fortgesetztem Schweigen der Brüder an die Gemeinde fällt. Im Hintergrund des in jeder Hinsicht köstlichen und gelungenen Films die angestaubten Wohnungen und Läden im Osten Berlins sowie ein herrlicher Ostalgie-Puff, den Zucker noch nebenbei betreibt. Niki Reisers Musik (nicht als CD erhältlich!) sorgt für den passenden Klezmer-Schwung. Eine Sensation, die keine Zeit zum Atmen lässt, aber viel zum Nach-Denken gibt.

 

Günter H. Jekubzik

 

Dieser Text ist zuerst erschienen bei:   FILMtabs

 

Alles auf Zucker!

Deutschland 2004 – Regie: Dani Levy – Darsteller: Henry Hübchen, Hannelore Elsner, Udo Samel, Golda Tencer, Steffen Groth, Anja Franke, Sebastian Blomberg, Elena Uhlig, Rolf Hoppe, Inga Busch, Renate Krössner – FSK: ab 6 – Länge: 95 min. – Start: 6.1.2005

 

 

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