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Alien
vs. Predator
Kryptisch
Man
kann Filme in zwei Kategorien einteilen: Die abgekürzten und die nicht
abgekürzten. Niemand käme auf die Idee, "Die
bitteren Tränen der Petra von Kant"
als DBTDPVK zu bezeichnen oder "Alice in den Städten" als AIDS.
Doch
am anderen Ufer, im Kommerzkino, da wimmelt es nur so von kryptischen Kürzeln
wie LOTR, ROTJ und TESB, die sich zur vereinfachten Kommunikation in Internetforen
durchgesetzt haben und irgendwann von den Produzenten für sich entdeckt
wurden, die dann ihre Filme von vornherein abkürzungskompatibel benannten.
Wir
sprechen also im folgenden von AVP.
Und
eins muß da vorab mal unmißverständlich gesagt werden: "Alien"
von 1979 ist ein Klassiker, der Maßstäbe für ein ganzes Genre
gesetzt hat, außerdem ist Gigers Alien bis heute das einzige Filmmonster,
vor dem man sich fürchten kann, ohne sich dabei selber bescheuert vorzukommen.
"Predator" hingegen war ein blödsinniger Ballerfilm, in dem der
blöde Schwarzenegger seine blöden Muskeln vorzeigen konnte. Alien
war ein Trip, Predator war Vietnam ohne Vietnam. Wir haben es hier also keineswegs
mit einer Begegnung auf Augenhöhe zu tun.
Die
Idee, diese beiden Gestalten aufeinandertreffen zu lassen, ist ja außerdem
ähnlich sinnvoll wie "Freddy
vs. Jason",
"Darth Vader vs. Sauron" oder "Hitler gegen Napoleon", aber
irgend jemand mußte es ja mal machen, und wenn wir mal ehrlich sind, haben
Filme mit menschenfressenden Monstern hochkulturell betrachtet sowieso ein Imageproblem,
also kann man den Ruf auch gleich als ruiniert betrachten und die Welten ungeniert
vermischen.
Und
das geht so: Im ewigen Eis der Antarktis liegt eine uralte Pyramide verborgen,
in der ein Volk von Urmenschen einst ein Volk von Außerirdischen anbetete.
Letztere brachten den Menschen das Pyramidenbauen bei, hielten sich nebenbei
eine eierlegende Alien-Königin wie ein Haustier, denn alle hundert Jahre
mußte ein neuer Jahrgang an Jung-Predatoren als Initiationsritual ein
Alien erlegen, für dessen Entstehung, wie wir wissen, erst einmal ein paar
Menschen dran glauben müssen. Die Zeiten haben sich inzwischen geändert,
die Antarktis ist kein bewohnbarer Kontinent mehr, doch an diesem Ritual hat
sich bis heute nichts geändert.
Bemerkenswert
an AVP ist vor allem das Design der Pyramide, in der das ganze sich abspielt:
Alles voll von gemeißelten Inschriften, Reliefs und Statuen, die oberflächlich
nach Aztekenkunst aussehen, aber meist den Predator oder eine der diversen Entwicklungsstufen
des Aliens darstellen. Das hat ähnliche Qualitäten wie die mittlerweile
wohlbekannten Cartoon-Travestien mit Garfield im Stil von Rembrandt oder Rembrandt
im Stil von Fred Feuerstein, doch im Kontext eines eher unironischen Films gewinnt
ein solches Bilderspiel eine ganz eigene Abgehobenheit.
Werfen
wir im folgenden noch einen Blick auf den Ringrichter.
Der
englische Regisseur Paul W.S. Anderson, der sich die Initialen seiner Reservevornamen
anfügte, um nicht ständig auf den Froschregen in "Magnolia"
angesprochen zu werden, und seitdem gerne mit dem Independentkunstkomödienfilmer
Wes Anderson ("The
Royal Tenenbaums",
abgekürzt TRT) verwechselt wird, beschränkt sich anders als die anderen
Andersons seit Beginn seiner Karriere auf das, was er kann, nämlich rasante
Bilderspektakel. Und die kann er in der Tat deutlich besser als seine aufgeblasenen
Actionfilmkollegen aus Amerika. PWSA, wie wir ihn im folgenden nennen wollen,
inszeniert AVP mit einer visuellen Wucht, die Michael Bay (MB) locker in die
Tasche steckt.
Der
Rest ist nicht überraschend, aber unterhaltsam: Forschungsexpedition, geldgieriger
Konzernboß, Spezialistenteam, bald alle tot bis auf unsere Heldin, diese
schlägt sich wacker, ist uns aber als Mensch ziemlich egal.
Der
Kampf endet 1:0 für den Predator – sowohl immanent im Diskurs des Films
selbst als auch metatextuell, denn das Alien, das bei Ridley Scott noch einer
rätselhaften technisierten Kultur zu entstammen schien, ist hier nur ein
dummes, wildes Tier, während der Predator (was ja eigentlich nur "Raubtier"
bedeutet) am Ende zum abgeklärten Menschenfreund mutiert.
Man
geht also hinaus und hat das Gefühl, das filmische Äquivalent von
"McDonalds vs. Burger King" (McDVBK) hinter sich zu haben, und das
sei ohne Wertung verstanden. Dann aber passiert etwas, das bei uns abgebrühten
Kinojunkies nur noch selten funktioniert: Die Bilder des Films bleiben hängen,
man geht mit ihnen durch den Tag und abends ins Bett. PWSA hat ganze Arbeit
geleistet, AVP geht als filmischer Rundumschlag in Ordnung, zur Ehrenrettung
des Aliens freuen wir uns auf seine fünfte Soloperformance, featuring Sigourney
Weaver (A5FSW).
E.
Dietrich Brüggemann (EDB)
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im Schnitt
Alien
vs. Predator
GB/CAN/D/CZE
2004. R,B: Paul W.S. Anderson. B: Shane Salerno. K: David Johnson. S: Alexander
Berner. M: Harald Kloser. P: Lonlink Prods., Stillking Features, u.a. D: Sanaa
Lathan, Raoul Bova, Lance Henriksen, Ewen Bremner u.a. 104 Min. Fox ab 4.11.04
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