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8
1/2 Frauen
Peter
Greenaways neuer Film ist, wie der Titel schon sagt, eine ausgedehnte Altmännerphantasie.
Und zwar eine, die sich, nicht zuletzt im Bezug auf Fellini, der in diesem Genre
auch nicht schlecht war, dessen nicht schämt. Ungewöhnlich ist neben
der Unverschämtheit der Verzicht auf Rechtfertigungen, ja Brechungen jeder
Art. 8
1/2 Frauen beschäftigt
sich – wenig satirisch, zugleich obsessiv und kühl – mit nichts anderem
als dem Unglück eines Vaters und eines Sohns, das in der Unverfügbarkeit
der Frauen besteht. Der Film zeigt, wie sie diesem Unglück mit viel Geld
abzuhelfen versuchen – was gelingt, wenn auch nicht auf Dauer.
Die
Ordnung des Materials erfolgt, wie bei Greenaway üblich, nicht in erster
Linie über die Narration oder Figurenpsychologie. An deren Stelle treten
willkürlichere Raum- und Ordnungs-Schemata: das Zählen, dem Sammeln
verwandt, hier der Frauen, die in der Reihung auf Typen reduziert werden: die
Nonne, die Gebärerin, die Amazone, der identitätssüchtige Zwitter,
der Krüppel, die Femme Fatale, die Gierige etc. Die Typen qua Figuren werden
– ohne große Widerstände – in die Männerphantasien von Vater
und Sohn eingespeist, zirkulieren darin und ziehen sich dann, gestärkt
oder gedemütigt, an ihre eigentlichen Orte wieder zurück. Der Tod
für die eine, die Spielhölle für die andere.
Der
puren Ordnung stand bei Greenaway einst eine merkwürdig hybride Gestaltung
von Schönheit gegenüber: in der Fülle der Bilder, im in den Verfall
hinüberspielenden Übermaß der sinnlich aufgeladenen Gegenstände
– das ganze gebändigt durch eine strenge Statik der Kameraführung,
keine Zooms, keine Schwenks, nur Schnitte und Fahrten, die kaum je verletzte
Symmetrie des Bildaufbaus, die Komponiertheit der Farben. An den Reibungsstellen
von Übermaß, ja Wollust in Bildern und größter Rigidität
der Komposition haben die guten Greenaway-Filme ihre Spannung, ihre Faszination
besessen.
Die
Zeiten aber, in denen das Konzept aufging, sind lange vorbei. Greenaways Filme
sind seit langem weitgehend überraschungsfrei, präsentieren sich als
Abarbeitung eines Programms, als Variationen eines längst erstellten Katalogs
schal gewordener Obsessionen. Mittlerweile haben auch die Selbstzitate ein schwer
erträgliches Maß der Selbstverliebtheit (und Einfallslosigkeit) erreicht:
überlaufende Badewannen, Entsorgung von Leichen im Wasser, das kennt man
zur Genüge. Der Versuch, diese Probleme mit Anflügen selbstironischen
Humors und absurder Dialoge zu beseitigen, scheitert – und muss scheitern: eine
nicht mehr ernst genommene oder gemeinte Obsession ist keine, verliert sich
in Beliebigkeit. Genau das passiert Greenaways Film: er ist beliebig und langweilig,
Abklatsch nur noch einstiger Stärken
Ekkehard
Knörer
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
8
½ Frauen
GB/Deutschland
1999
120 Minuten
Drehbuch:
Peter Greenaway
Regie:
Peter Greenaway
Produzent: Kees Kasander
Kamera: Sacha Vierny
Darsteller: John Standing, Matthew Delamere, Vivian Wu, Annie Shizuka Inoh,
Barbara Sarafian, Kirina Mano, Toni Collette, Amanda Plummer, Natacha Amal,
Manna Fujiwara, Polly Walker
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