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Die
1000 Augen des Dr. Mabuse
Dr. Mabuse: wieder
erwacht
Fritz Langs Meisterwerk "Das
Testament des Dr. Mabuse" (1933) fand – bedingt wohl auch durch die Zeit des Nationalsozialismus
und des Krieges – späte Nachfolger (nachdem Lang bereits 1922 mit "Dr.
Mabuse, der Spieler – Ein Bild der Zeit" der Geschichte einen Anfang gesetzt
hatte). Lang selbst drehte (sein letzter Film) 1960 eine Fortsetzung der Geschichte
um den absonderlichen Wahnsinnigen mit Weltbeherrschungsabsichten in "Die
tausend Augen des Dr. Mabuse". Es folgten fünf weitere Filme unter
der Regie von Harald Reinl ("Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse",
1962, und "Im Stahlnetz des Dr. Mabuse", 1961), Paul May ("Scotland
Yard jagt Dr. Mabuse", 1963), Hugo Fregonese ("Die Todesstrahlen des
Dr. Mabuse", 1964) und Werner Klingler (Remake von "Das Testament
des Dr. Mabuse", 1962), alle in einer Zeit gedreht, in der besonders die
bekannten Filme nach den Kriminalromanen von Edgar Wallace eine Hochkonjunktur
erlebten, alle im Vergleich zu Langs Film von 1933 qualitativ in keiner Weise
gleichwertig.
Auch "Die tausend Augen des
Dr. Mabuse" kommt sicherlich nicht an Langs eigenen Film von 1933 heran,
greift aber die Spannungselemente und Grundkonstruktion des früheren Films
in einer Weise auf, die ihn sicherlich auch heute noch sehenswert erscheinen
lassen.
Die Geschichte, die Lang und Wuttig
(ein später sehr beliebter Fernsehautor) erzählen, erscheint anfangs
sehr verwickelt und wirr.
Ein blinder Wahrsager namens Cornelius,
der der Polizei offenbar schön öfter geholfen hat, ruft Kommissar
Kras an und warnt ihn vor einem kurz bevorstehenden Mord. Tatsächlich erweist
sich die Warnung als richtig. Ein Fernsehreporter namens Barter wird in seinem
Auto aus einem anderen Auto heraus getötet. Das Sonderbare an der Geschichte
ist aber auch die Art des Mordes. Barter wird mit einer Stahlnadel getötet,
die aus einem Gewehr abgeschossen wurde, das vor Jahren in den Staaten gestohlen
wurde und seitdem nie wieder aufgetaucht war.
Einer der Kollegen von Kras erinnert
sich an weitere, unaufgeklärte Todesfälle der Vergangenheit, die eines
gemeinsam haben: Alle Opfer waren kurz vor ihrem Tod, wie Barter, Gäste
im Hotel Luxor. Und an noch einen Vorgang erinnern den Polizisten die Umstände
der Todesfälle: an die kriminellen Machenschaften des vor über 30
Jahre verstorbenen Dr. Mabuse, der die Weltherrschaft anstrebte und dem zur
Erreichung seiner Ziel kein Mittel zu schade war. Doch Mabuse ist nachweislich
wirklich tot.
Die Polizei jedenfalls hat aufgrund
der Ereignisse im Hotel Luxor einen Geheimagenten untergebracht. Und tatsächlich
geschehen im Hotel noch andere merkwürdige Dinge. Eine Frau namens Marion
Menil will sich in die Tiefe stürzen, und nur die überlegte und ruhige
Art eines anderen Gastes, des amerikanischen Multimillionärs Travers kann
sie letztlich davon abhalten. Offenbar hat Frau Menil, wie Travers nach einiger
Zeit erfährt, Angst vor ihrem ruppigen und gewalttätigen Mann. Sie
verlangt nach Prof. Dr. Jordan, der sie schon einmal wegen eines Nervenzusammenbruchs
behandelt hat und jetzt in seine Klinik bringt. Als Kras erfährt, dass
Barter Kontakt zu Marion hatte und sich ihr gegenüber schlecht benommen
haben soll, verhört er auch sie. Und Travers verliebt sich in die attraktive
junge Frau.
Im Luxor treibt sich zudem ein
windiger Versicherungsvertreter namens Mistelzweig herum, der Kras ebenfalls
verdächtig vorkommt. Um voranzukommen, stellt Kras allen bislang Verdächtigen
eine Fangfrage. Er habe einen merkwürdigen Anruf erhalten. Tags darauf
explodiert im Polizeipräsidium eine Bombe. Kras kommt mit dem Leben davon,
aber ein anderer Polizist wird dabei getötet. Und bei einer Séance,
zu der Cornelius Kras eingeladen hat, um mittels Wahrsagerei Licht in die Vorkommnisse
zu bringen, und bei der auch Kras Frau, Marion und Mittelzweig anwesend sind,
wird erneut auf Kras geschossen. Cornelius glaubt, er sei das eigentliche Ziel
gewesen. Aber Kras ist sich da überhaupt nicht sicher.
Und dann taucht auch noch Marions
Mann auf, der sie mit dem Messer bedroht. Travers beobachtet dies durch einen
geheimen, nur von einer Seite aus durchsichtigen Spiegel, den ihm der Hoteldetektiv
Berg gezeigt hatte – und greift, um Marion zu beschützen zur Waffe …
Lang inszenierte eine Geschichte,
in der einem zunächst lange Zeit einzelne Puzzlestücke hingeworfen
werden, ohne dass man wirklich zunächst einen Zusammenhang erkennen kann.
Man vermutet so einiges, und dass Wolfgang Preiss in dem Film gleich drei Rollen
spielt, lässt einen natürlich sofort aufhorchen. Doch selbst dieser
Verdacht allein macht die Zusammenhänge und die Ziele eines im Hintergrund
wirkenden Mabuse Numero Zwei noch lange nicht kenntlich. Hinzu kommen einige
weitere verdächtige Personen, von denen man nicht weiß, auf welcher
Seite sie eigentlich stehen. So interessiert sich Mistelzweig auffallend für
Dr. Cornelius. Marion Menil will um alles in der Welt zunächst nicht heraus
mit den Gründen für ihren Selbstmordversuch. Die einzigen, die unverdächtig
erscheinen, sind der integre Travers, Kras, der Hoteldetektiv und der Hotel-Manager
– so scheint es jedenfalls.
Die Handlung konzentriert sich
im wesentlichen auf drei Orte: Cornelius Haus, das Kommissariat und vor allem
das Hotel Luxor. Lang baut in den Film kurze Szenen ein, in denen das, was mit "die
tausend Augen des Dr. Mabuse" gemeint ist, offenbar wird. Man sieht eine
Front von Fernsehschirmen – wo immer sie auch stehen mögen -, von denen
aus Unbekannte das Geschehen im Hotel in jedem Zimmer und Gang beobachten. Die
Unbekannten scheinen insbesondere der Polizei immer um Haaresbreite voraus zu
sein. Kras tappt lange Zeit im Dunkeln und rennt den Geschehnissen mehr hinterher,
als er wirklich erfährt. Man sieht den Klumpfuß eines Mannes, den
Rücken eines anderen – und tappt ebenso im Dunkeln.
Das Hotel jedenfalls, obwohl groß
und weitläufig, wird zunehmend enger, die Atmosphäre klaustrophobischer.
Man ahnt, wer der neue Mabuse ist, man weiß aber nicht, was er im Schilde
führt. Wie ein unsichtbares Netz spannt sich der Wille des Bösen über
die Orte und die Personen.
Gert Fröbe spielt einen Kommissar,
der nur an die Fakten glaubt, der Cornelius und seiner Wahrsagerei selbst dann
nicht glaubt, wenn es keine andere Erklärung zu geben scheint. Kras ist
ein ruhiger, aber energischer Mann, der nicht locker lässt, und damit erinnert
er an seinen "Kollegen" in Langs Film von 1933. Peter van Eyck spielt
einen integren Amerikaner, der unbestechlich zu sein scheint, der keine Furcht
kennt, aber ebenfalls keine Ahnung von dem hat, was im Luxor abspielt. Dawn
Adams überzeugt als geheimnisvolle, ängstliche Schönheit, die
zudem noch für eine Überraschung gut ist. Wolfgang Preiss spielt fürchterlich
gut einen blinden Wahrsager – und Werner Peters – bekannt vor allem für
seine Hauptrolle in "Der Untertan" – einen dubiosen, manchmal sich lächerlich machenden
Versicherungsvertreter, der im übrigen aber auch sein eigenes Spielchen treibt.
Die Atmosphäre des Films
ähnelt der des Films von 1933, hat aber auch ein bisschen was von den zu
dieser Zeit gedrehten Edgar-Wallace-Filmen. Das Böse in diesen Filmen hat
den Geschmack des absolut Bösen – ohne Einschränkungen. Desgleichen
gilt für das Gute. Dazwischen tummeln sich Halbwahrheiten, Lügen
und Täuschungen, Verdachtsmomente und last but not least eine Verfolgungsjagd
als Showdown.
DVD
Format: Dolby, HiFi Sound, PAL
Sprache: Deutsch
Region: Region
2
Bildseitenformat:
4:3
Studio: Ufa/DVD
DVD-Erscheinungstermin:
19. Dezember 2005
Dokumentation
mit Star-Interviews (Sabine Bethmann, Artur Brauner)
Original-Ausschnitt
der Wochenschau
Aufwändiges
Booklet
Der Film ist
Teil der DVD-Collection "Dr. Mabuses Meisterwerk" mit allen sechs
Mabuse-Filmen der 60er Jahre, die in Ton- und Bildqualität außerordentlich
gut daher kommen. Weniger gut daher kommt das Bonusmaterial, im wesentlichen
ein Interview mit der Schauspielerin Sabine Bethmann und eine Wochenschau mit
Daliah Lavi. In einem Booklet erfährt man noch einiges über das Zustandekommen
der Filme. Das war’s. Allerdings: Wer die Reihe mag, wer diese Art von Filmen
mag – mit durchaus unterschiedlicher Qualität zwischen den Lang-Filmen
und den anderen -, ist mit der Collection gut bedient.
Allerdings sollte
man die Preise vergleichen: Während die Box bei jpc 69,99 (!) kostet,
bekommt man sie derzeit bei amazon für 47,97.
Als Einzel-DVD
gibt es den Film nur in einer amerikanischen Fassung von Image Entertainment,
die jedoch leider vergriffen ist und bei amazon zu horrenden Preisen von Privat
angeboten wird. Die deutsche Einzel-DVD von Polyband ist ebenfalls vergriffen,
man bekommt sie allerdings schon ab 10,- von Privatanbietern.
Ulrich Behrens
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei:
Die
1000 Augen des Dr. Mabuse
Deutschland
1960
Regie:
Fritz Lang
Drehbuch:
Fritz Lang, Heinz Oskar Wuttig, nach einer Geschichte von Jan Fethke
Musik:
Gerhard Becker, Bert Grund
Kamera:
Karl Löb
Schnitt:
Walter Wischniewsky, Waltraut Wischniewsky
Darsteller:
Dawn Addams (Marion Menil), Peter van Eyck (Henry B. Travers), Gert Fröbe
(Kommissar Kras), Wolfgang Preiss (Prof. Dr. S. Jordan / Peter Cornelius / Dr.
Mabuse), Werner Peters (Hieronymus B. Mistelzweig), Andrea Checchi (Hoteldetektiv
Berg), Marielouise Nagel (Das blonde Glück), Reinhard Kolldehoff (Roberto
Menil alias Klumpfuß), Howard Vernon (Nr. 12), Nico Pepe (Hotelmanager),
David Cameron (Michael Parker)
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