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Old
Dogs - Daddy oder Deal
Ein
falscher Ruck im Badezimmer, und der 7-jährige Zach hat zwei Tablettenrationen
durcheinandergeworfen. Seine Zwillingsschwester Emily hilft ihm, die bunten
Dragees aus dem Waschbecken zu klauben und „ordentlich" in die beiden Pillendosen
verschiedener Besitzer einzusortieren. Das zeitigt dramatische Folgen: Papa
Dan (Robin Williams) reagiert auf den fatalen Medikamentencocktail mit heftigen
Störungen der Grobmotorik, was seine Golfturnierpartner schmerzhaft zu
spüren bekommen, während Dans bester Freund und Geschäftspartner
Charlie (John Travolta) im Zustand der Intoxikation unpassende Grimassen während
einer Trauerfeier zieht - als wäre Batmans Erzfeind Joker in ihn gefahren.
Es
wäre maßlos übertrieben, anlässlich der softwaregestützten
Mimikverstärkung für John Travolta zu prognostizieren, ein Film wie
„Old Dogs - Daddy oder Deal" markiere den Übergang zur Computer-Slapstickkomödie
ohne Ansprüche an die gestisch-mimischen Fähigkeiten des Schauspielers.
Es verhält sich eher andersherum: Die Überorchestrierung der filmischen
Mittel, dazu gehören neben zahllosen Effect Shots auch der ruppige Schnitt
und das „Mickeymousing" auf der Musikspur, nehmen zwei bewährten Komödiendarstellern
den Raum, ihr unbestrittenes Können wirklich zu entfalten (wobei Williams
seinen Partner Travolta schon ab und zu an die Wand spielt). Schade um die Story,
die für sich genommen alles andere als undankbares Material bietet. Wie
zuvor schon in „Born
to be Wild - Saumäßig unterwegs"
erzählt Regisseur Walt Becker auch diesmal davon, wie Midlifecrisis-geplagte
Herren streckenweise ungeschickt, aber letztlich effektiv ihren Mann stehen.
Kann aus dem eingefahrenen Junggesellen ein guter Vater werden? lautet die Hänschenfrage.
Dan
- der Aspirant auf die Vaterrolle - und Charlie sind Buddies von klein auf.
Die gemeinsam geführte Sportmarketing-Agentur expandiert, das Privatleben
wird von Bettgeschichten anstatt von ernsthaften Beziehungen bestimmt. Nur ungern
erinnert sich der schüchtern-verschusselte Dan an ein vom draufgängerischen
Charlie initiiertes Miami-Wochenende vor sieben Jahren, das in einer Blitz-Hochzeit
mit Vicky (Kelly Preston) kulminierte, von der sich Dan sofort wieder scheiden
ließ. Nach all den Jahren taucht Vicky in New York auf und präsentiert
dem Ahnungslosen das doppelte Ergebnis der Hochzeitsnacht - Emily und Zach.
Weil die attraktive Mutter und militante Umweltaktivistin für zwei Wochen
ins Gefängnis muss, wird Dan auf einmal in die Vaterrolle katapultiert.
Ebenso gefordert ist „Onkel" Charlie, der sein elegantes Loft nun mit einem
überforderten Vater und dessen Zwillingen zu teilen hat. Im Junggesellenheim
bleibt selbstredend kein Stein auf dem anderen und auch Dans und Charlies Freizeitgestaltung
erhält dank der munteren Kids ungeahnte Facetten. So finden sich die Männer
mit Emily und Zach in einem Pfadfindercamp wieder (als neurotischer Fähnleinführer:
Matt Dillon), in dem die Erwachsenen Extrem-Frisbee spielen müssen, bis
die alten Knochen knacken.
Freunde
unkomplizierten Brachialhumors dürfen sich in einer ganzen Serie von Krachwummszenen
unablässig auf die Schenkel klopfen, aber es könnte sein, dass sogar
ihnen ob des fast unablässig abbrennenden Gagfeuerwerks irgendwann das
Lachen vergeht. Die gelungensten Späße sind ohnehin „sparsamerweise"
im ersten und im letzten Drittel platziert, sodass die „Old Boys" zwischenzeitlich
gar nicht so in Form sind, wie sie vorgeben. Wirklich witzig sind Williams'
„Psycho"-Parodie
in einer Bräunungsdusche und der fast tarantineske Moment, in dem Dan der
eigentlichen Babysitterin der Zwillinge - ihres Zeichens Handmodel in der Werbebranche
- mit beherztem Druck auf eine Kofferraumklappe versehentlich das feingliedrige
Kapital ruiniert. Am Ende hat Paps die Kleinen (samt Mama) so ins Herz geschlossen,
dass er der Familienräson einen Deal mit japanischen Geschäftsleuten
opfert und mit Charlies Hilfe in einen Zoo einbricht, um seiner Tochter eine
Geburtstagsüberraschung zu bereiten. Hier dürfen wir das liebe Federvieh
aus der „Reise
der Pinguine"
dann einmal als Killertruppe erleben. Eine für sich wohltuend bissige Szene,
die doch nicht über das Ungleichgewicht hinwegtäuschen kann, das in
diesem filmischen Herumgekasper insgesamt zwischen Inhalt und Form besteht:
Wie kann man von der emotionalen Reifung zweier Männer in einem derart
läppischen, vorwiegend infantilen Stil erzählen?
Jens
Hinrichsen
Dieser
Text ist zuerst erschienen in: film-Dienst
Old
Dogs - Daddy oder Deal
USA 2009 - Originaltitel: Old Dogs - Regie: Walt Becker - Darsteller: John Travolta, Robin Williams, Kelly Preston, Seth Green, Ella Bleu Travolta, Lori Loughlin, Conner Rayburn, Matt Dillon, Bernie Mac, Rita Wilson, Justin Long - FSK: ab 6 - Länge: 88 min. - Start: 14.1.2010
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