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The
Nomi Song
Klaus
Nomi war ein Phänomen zwischen den Ordnungen und den Szenen, den Kulturen
und den Konventionen. Ja, es war gerade dieses nicht genau zu klassifizierende
Zwischen, das ihn zum Phänomen machte. Klaus Sperber aus der deutschen
Provinz mitten in der New Yorker Performance- und Kunsszene. Es spannt sich
der Bogen vom East Village zu Thomas Gottschalk (der übrigens, auch das
lernt man, schon Anfang der Achtziger so scheiße war wie heute). Der Musiker
zwischen Klassik und Rock, zwischen David Bowie und Maria Callas. Der Androgyne,
den seine schwulen Mitmusiker nicht als Lover wollten. Der Künstler, der
sich mit großer Zielsicherheit als Marke inszenierte, um zu werden, was
er zu sein glaubte.
Andrew
Horn versammelt in seiner Dokumentation die Widersprüche, ohne sie auflösen
zu können. Klaus Nomi war ein Alien, und zwar ein außerordentlich
nettes, so etwa lautet das Resümee, das keine Antwort ist auf all die Nomi-Fragen.
Und das man nicht sehr gelungen finden muss, um aus diesem Film doch viel zu
lernen. Über ein Leben im Widerspruch, in Widersprüchen. Darüber
auch, dass es manchmal gut gehen kann, wenn einer nur entschieden genug sein
Ding macht, selbst wenn keiner sagen kann, worum genau es sich handelt bei diesem
Ding, am wenigsten der Künstler selbst. Ein Film daher auch über den
Rahmen und das, was aus ihm fällt, über den Erfolg, die Einsamkeit,
das Musik-Business, die späten 70er Jahre in New York.
Formal
ist das Ganze, von gelegentlichen prompt überflüssigen Ausflügen
ins Weltall abgesehen (file under: These Alien), konventionell gemacht. Talking
Heads, die sich erinnern. Hübsch die Wärmestube der deutschen Provinz
mit der Stimme der Tante, der Horn ein einschlägiges Interieur dazu erfunden
hat, in dem sie nun sitzt, als Fotografie. Die Tante, die für die Heimat
steht, in der man den Propheten erst bei der Rückkehr erkennt. Das ist
die Methode, mit der der Film jenes Zwischen herausarbeitet, in dem sich Klaus
Nomi fand, ohne zu wissen wie: erfolgreich und unverstanden, weil prinzipiell
unverständlich: Horn lässt sich ein auf die Milieus und kann zeigen,
wie abgekapselt das eine gegen das andere ist. Da ist die New Yorker Szene nicht
besser als die Tante mit Kaffee und Kuchen und das Twisted-Sister-Publikum in
New Jersey, das der Vorgruppe Klaus Nomi einen Abend in der Hölle bereitet
hat.
Das
Leitmotiv des Films, die Zeile aus einem Nomi-Song: "Do you know me (bzw.
eben: Nomi) now, do you, do you know me now." Dass
man nach dieser Dokumentation von ganzem Herzen "Nein" antworten kann,
ist ihr gar nicht so kleines Verdienst. Übrigens: Auch die Musik ist entsetzlich
und großartig zugleich. Es gibt den gemeinsamen Nenner nicht, sei er groß,
sei er klein, auf den sich irgendwas an Klaus Nomi bringen ließe.
Ekkehard
Knörer
Diese Kritik ist zuerst erschienen bei: Jump Cut
The
Nomi Song
Deutschland
2004 - Regie: Andrew Horn - Darsteller: Klaus Nomi, Ann Magnuson, Gabriele Lafari,
David MacDermont, Page Wood, Tony Frere, Man Parrish, Kristian Hoffman, David
Bowie, Thomas Gottschalk - Fassung: O.m.d.U. - Länge: 96 min. - Start:
24.3.2005
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