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Solo
für Klarinette
Handwerklich
gibt es an dem Film nichts auszusetzen. Kamera, Regie und Schauspieler sind,
falls man Götz George grundsätzlich ertragen kann, weit über
Durchschnitt. Bewundernswert ist auch die Sorgfalt, mit der dieser Film, ohne
ins Pittoreske zu verfallen (das ist etwas, das man in starkem Maße etwa
'Jenseits der Stille' vorwerfen kann, ein wenig aber auch dem sonst hoch geschätzten
'Das
Leben ist eine Baustelle'),
ein Berlin der etwas anderen Art entwirft. Es gibt hier keine Anschlußwillkürlichkeiten
wie etwa in 'Lola
rennt'
und daran könnte man so manches über den Unterschied zwischen Realismus
und imaginären Realitäten lernen. Dabei ist auch das Berlin dieses
Films höchst artifiziell, nämlich weit über die Alltagserfahrung
düster, trostlos und regnerisch (mitunter darf man allen Ernstes an „Blade
Runner“
denken), aber wegen seiner Genauigkeit bis ins Detail außerordentlich
stimmig. Mit großer Präzision hat Nico Hofmann an der Tonspur gearbeitet,
die, unauffällig genug, Atmosphäre transportiert.
Stellt
sich die Frage, warum es dann doch kein großer Film geworden ist. Die
Antwort liegt auf der Hand und ist die fürs deutsche Kino übliche:
das Drehbuch. Hier hat mal wieder jemand einfach zuviel gewollt, und zwar alles
auf einmal. Der Film ist ein Thriller, eine milieugenaue Psychostudie, die Geschichte
einer amour fou, nicht zu vergessen Eheprobleme, Päderasten und psychisch
gestörter Sohn. Als Ergebnis eine Melange aus Schimanski und 'Engelchen',
deren
Verdaulichkeit
trotz der großartig geheimnisvollen, beängstigend instabilen weiblichen
Hauptfigur, die Corinna Harfouch mit großer erotischer Ausstrahlung spielt,
immer wieder in Frage steht.
Insgesamt
bereitet das Sorge. Nico Hofmann ist neben Dominik Graf gewiß der handwerklich
beste deutsche Regisseur und muß seine Talente wie dieser meistens fürs
Fernsehen verschenken (sehenswert bleibt natürlich immer, was die beiden
inszenieren). Mit George und Harfouch hat er die zwei vielleicht charismatischsten
deutschen Schauspieler zur Verfügung und doch kann der Film am Ende, und
ich meine das ernst, nicht mit der oberen Mittelklasse vergleichbarer
Hollywood-Produkte
mithalten. Bei welcher Gelegenheit nur haben die deutschen AutorInnen das Geschichtenschreiben
verlernt? Und, wichtiger: wer kann es ihnen wieder beibringen?
Ekkehard
Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Solo
für Klarinette
Deutschland
- 1998 - 95 min. - Scope
Regie:
Nico Hofmann
Erstaufführung:
15.10.1998/6.4.1999 Video
Produktionsfirma:
Regina Ziegler Filmproduktion/ProSieben
Produktion:
Regina Ziegler
Buch:
Susanne Schneider
Vorlage:
nach einem Roman von Elsa Lewin
Kamera:
Hans-Günther Bücking
Musik:
Nikolaus Glowna
Schnitt:
Inge Behrens
Darsteller:
Götz
George (Bernhard Kominka)
Corinna
Harfouch (Anna Weller)
Tim
Bergmann (Freddie Bahlo)
Barbara
Auer (Lydia Kominka)
Tobias
Schenke (Theo)
Christian
Redl (Thomas Hecht)
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