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Simpatico
Sam-Shepard-Verfilmung
mit Krimimotiven - trotz Starbesetzung eine zähe Sache.
Lyle Carter (Jeff Bridges), erfolgreicher Geschäftsmann
und Besitzer eines Rennstalls voll edelster Pferde wird durch einen Anruf seines
alten Freundes Vinnie (Nick Nolte) aus der Zufriedenheit geschreckt. Sofort
fliegt er von Kentucky nach Kalifornien - mitten weg aus einer wichtigen Verhandlung.
Vinnie erweist sich als versoffenes Wrack - das genaue Gegenteil von Lyle. Und
doch begann ihre gemeinsame Geschichte vor über zwanzig Jahren: Ein Wettbetrug,
an dem auch Carters jetzige Frau Rosie (Sharon Stone) beteiligt war, hat beide
zu dem gemacht, was sie jetzt sind. Während Vinnie Carter zu der Kassiererin
Cecilia (Catherine Keener) schickt, schnappt er sich Geld und Papiere seines
Freundes und macht sich aus dem Staub. Er will Rosie wiedersehen und Rennfunktionär
Simms (Albert Finney), einen Mann, dem damals eine entscheidende Rolle zukam.
Doch die Dinge laufen anders als erwartet.
Kann ein Film mit Jeff Bridges, Nick Nolte, Albert
Finney, Catherine Keener und Sharon Stone schiefgehen? Leider ja - Simpatico
streckt sich bei knapp über 100 Minuten Länge ganz schön, um
den Beweis anzutreten. Schon zu Beginn treiben Polaroids vor der Schwärze:
Bilder einer Erinnerung, deren Wichtigkeit der Film gar nicht genug unterstreichen
kann. Und tatsächlich funktionieren sie nicht bloß als MacGuffin
- irgendwann hat Regisseur Matthew Warchus genug davon, uns ihren bloßen
Anblick unter die Nase zu reiben, sondern illustriert sie dann auch noch in
der unnötigsten Rückblende seit der mittleren Stunde von Die tödliche Maria.
Im Bestreben, bei seiner Verfilmung eines Theaterstücks
von Sam Shepard die Kardinalfehler von Theaterverfilmungen zu vermeiden, haut
der bisherige Theaterregisseur nämlich gleich doppelt daneben. Die Versuche,
das statische Element der Vorlage durch betont "filmische" Mittel
zu übertrumpfen (Zeitsprünge in verwaschenen Farben, betont bewegliche
Kameramanöver, beides immerhin mit technischem Geschick realisiert von
John Toll) hängen in der Luft - zwischen all den Szenen, die sich dann
doch auf engstem Raum in altersschwachen Schuss-Gegenschuss-Manövern erschöpfen
und durch das aufgesetzte Harren auf "große" Augenblicke der
Mimen diesen alle Natürlichkeit rauben.
Der Cast, noch immer das Beste am Film, steht alleine
da: Bridges und Nolte, zwei der interessantesten Darsteller der Gegenwart (deren
immer wieder mutige Rollenwahl sie wohl in diese verunglückte "Kleinproduktion"
getrieben hat), machen sich nicht schlecht als Doppelgängerpaar (als eine
der vielen vorhersehbaren "Überraschungen" des Films tauschen
sie zwischendurch gewissermassen die Persönlichkeit) - nur verlaufen ihre
Wege zumeist getrennt voneinander. Da stehen sie dann und müssen betont
innehalten, um Bühnensätze wie "Die Gegend hat noch immer denselben
Geruch...Luzernen" von sich zu geben. Sharon Stone schaut auf einen Kurzauftritt
als Alkoholikerin vorbei - ihr jüngeres Pendant, die auch nicht übel
anzusehende Kimberley Williams, die sie in den Rückblenden spielt, kommt
da öfter vor (und hat, wie die Vergangenheitsausgaben von Nolte und Bridges,
Shawn Hatosy und Liam Waite, absolut nichts zu tun). Albert Finney (die einzige
Figur, die eine Entwicklung vollzogen hat) und Catherine Keener steigen ein
bisschen besser aus - vermutlich, weil ihre Rollen eigentlich wenig zur Handlung
beitragen: Es bleibt ein wenig Freiraum übrig.
Allerdings nicht für den Rest des Films: Was
uns hier nämlich als Krimi verkauft wird, ist so überraschend wie
Glockenläuten zur vollen Stunde. Mühselig hält Warchus Szenen
für langatmige Rückblenden zurück, von denen jeder schon weiß,
was darin passieren wird. Und die Täuschungsmanöver, mit denen sich
die Figuren ausspielen, mögen eine lahme Flugente übertölpeln
- die Figuren, von denen der Film behauptet, dass sie seine Schauspieler spielen,
dürften da jedenfalls kurzfristig ihren IQ unter siebzig geschraubt haben.
In Unkenntnis des Stücks von Shepard lässt sich nicht sagen, ob es
von vornherein eine unglückliche Idee war, diesen Stoff zu wählen,
oder ob Regisseur und Co-Autor Warchus die größere Schuld trifft
- als unglückliche Idee erweist es sich im Nachhinein jedenfalls.
Fazit: Horrende Drehbuchschwächen und nirgendwo
eine Regie, die darüber hinweghilft. Selbst die Traumbesetzung kann diese
Pferdeoper nicht retten.
Christoph Huber
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.allesfilm.com
Simpatico
Simpatico
USA 2000
Regie: Matthew Warchus - Produzenten: Dan Lupovitz, Jean-Francois
Fonlupt - Drehbuch: Matthew Warchus, David Nicholls - Vorlage: Bühnenstück
"Simpatico" von Sam Shepard - Filmmusik: Stewart Copeland - Kamera:
John Toll - Ausstattung: Amy Ancona - Schnitt: Pasquale Buba - Kostüme:
Karen Patch - Ton: Pawell Wdowczak - Ton(effekt)schnitt: - Stunts: Wrnie Orsati
Darsteller: Nick Nolte (Vinnie Webb), Jeff Bridges (Lyle
Carter), Sharon Stone (Rosie Carter), Catherine Keener (Cecilia), Albert Finney
(Simms), Whit Crawford (Jean), Bob Harter (Louis), Angus Jones (5-jähriges
Kind), Ken Struck (Charlie), Ashley Guthrie (Kelly)
Start Deutschland: 13. Juli 2000
Laufzeit Kinoversion: 103 Minuten, FSK 12
DVD Deutschland: 6. November 2003
Laufzeit DVD/Video: 99 Minuten
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