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Ouaga
Saga
Dani Kouyates afrikanische Märchenkomödie
"Ouaga Saga" führt den magischen Goldstaub des Kinos vor.
Es geht erst einmal überhaupt keine
Geschichte los. Erst einmal sitzen die Jungs nur herum. Schwadronieren, frotzeln,
manteln sich auf, suchen die große Geste und schweigen auch mal. Es ist
Ouagadougou, es ist die Gegenwart, auf der Hauptstraße schieben ein paar
Männer immer wieder das Führerhaus eines offenbar auseinandergenommenen
Lasters durch die Gegend. Es herrscht Verkehr, es spielt auf der Tonspur Musik,
eine Geschichte geht nicht los, aber Sozialrealismus ist etwas anderes.
Sozialrealismus kennt, nur zum Beispiel,
nicht den digitalen Goldstaub, der ins Bild fährt und im Bild herumfuhrwerkt.
Der digitale Goldstaub, der aussieht, wie aus einem Disney-Film, ist eine klare
Markierung: Der Realismus, um den es hier geht, ist fabelhaft, er nimmt auf
das Wahrscheinliche keine Rücksicht, er lädt, wenn ihm danach ist,
die Dinge des Alltags in Ouagadougou magisch auf.
Der Goldstaub von Dani Kouyates "Ouaga
Saga" ist, mit anderen Worten, der Goldstaub des Kinos selbst. Bevor hier
eine Geschichte losgeht - und, doch, irgendwann, eher unvermittelt, passiert's
- geht es ins Kinos. Genauer gesagt: Einer
der Jungs, der größte, geht ins Kino, spricht die Dialoge von Howard
Hawks' "Rio Bravo" mit, zügelt das Pferd, das er sich unter die
Hände imaginiert und auf seinem Gesicht sieht man das Flackern, die Bewegung,
die Faszinationskraft des Films. Seine Freunde sind nicht mit im Kino, aber
sie sehen dennoch den Film. Die Augen am Ritz eine Seiteneingangs, sich abwechselnd
darin, am besten zu sehen, den Film umsonst und draußen mitzuverfolgen.
Später dann, wenn sie wieder nur herumsitzen, schwadronierend, frotzelnd,
wird der Große, der ein echter Kino-Buff scheint, anfangen, den Plot eines
anderen Western zu erzählen, aber da sind die anderen schnell gelangweilt.
Die anderen: Das sind Pele, der Super-Fußballer,
der ein internationaler Star werden möchte. Und Bouremiah, der Blondgefärbte
und ein anderer, der Gitarre spielt und alle zusammen träumen sie von einer
Zukunft, in der sie nicht nur einfach Jobs haben, eine Familie und ein richtiges
Leben. Ihre Träume sind groß und maßlos und werden geträumt
in Cinemascope.
So kommt der Goldstaub ins Spiel und es
geht eine Geschichte los, die ihnen diese Träume erfüllt, auch wenn
sie beinahe unscheinbar beginnt. Eine junge Frau, verwöhntes Kind offenbar
reicher Eltern, lässt ein Motorrad auf offener Straße stehen. Die
Jungs klauen es, was nicht ganz einfach ist, aber im Team kriegen sie's hin.
Sie verkaufen es, sie zählen das Geld, werden dabei beobachtet und denunziert,
aber einer von ihnen macht sich davon mit dem Geld, verspielt es und wäre
"Ouaga Saga" ein realistischer Film, es wäre dahin. Er will aber
das Glück seiner Helden, im Fußball, im Leben und darum kehrt der,
der das Geld verspielt, zurück zu den anderen als gemachter Mann.
Gewiss, diese "Ouaga Saga" schreckt
vor gröberen Komödienmitteln - auf der quiekenden, pfeifenden, alles
Geschehen untermalenden Tonspur etwa - nicht zurück. Der Charme der Protagonisten
aber ist so bezwingend, dass man das gerne verzeiht. Selten genug sieht man
afrikanische Filme in deutschen Kinos - auch dieser hier hat drei Jahre Verspätung.
Er lohnt den Besuch - und für die Bewohner von Städten, die keine
Kinos haben, in denen er läuft, gibt es den "Ouaga Saga" auch
auf DVD.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.perlentaucher.de
Ouaga
Saga
Burkina Faso 2005 - Regie: Dani Kouyaté - Darsteller: Amidou Bonsa, Sébastien Bélem, Aguibou Sanou, José Sorgho, Tom Ouedraogo, Yacouba Dembélé, Gérôme Kaboré, Delphine Ouattara, Yasminh Sidibé - Fassung: O.m.d.U. - Länge: 85 min. - Start: 29.5.2008
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