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Matrix
- Revolutions
Lost
in Paradise
Die
Wachowski Bros. verscherzen es sich mit Freunden und Feinden
Es
war schon immer keine gedankliche Leistung, nach erfolgter Aufklärung wieder
in Muttis Schoß zu wollen. Aber es könnte abgefuckter Zynismus sein,
der uns so ein Schicksal am Ende der Matrix verspricht. Im Lichte einer künstlich
aufgehenden Sonne. Zu jubilierenden Streichern, mit Tränen in den Augen
weiser Frauen: alles wird gut, ist zu befürchten. Immerhin gewöhnt
sich das (neu besetzte) Orakel dabei das Rauchen ab.
Matrix
Revolutions setzt
unvermittelt ein kurz nach dem Ende von Matrix
Reloaded
und
ist eigentlich nur dessen letzter Akt. Wer jetzt erst ins Kino kommt, versteht
also nur Bahnhof.
Auf
so einem liegt Held Neo (Keanu Reeves) nutzlos herum, auf einer U-Bahn-Station
zwischen der virtuellen Welt, in der Avatare selbstvergessener Menschen und
aufmüpfiger Programme rumwuseln - und der wirklichen Welt, in der böse
Maschinen die träumende Bevölkerung als nachwachsende Bioenerergie
ausbeuten und die letzten Helden in Grobstrickpullis mit Laufmaschen belagert.
Noch 20 Stunden bis Buffalo, beziehungsweise bis "Zion" fällt.
Dann
zerfällt Matrix
2.2 grob in zwei Teile. Erstens die Abwehrschlacht gegen den übermächtigen,
vieltausendfachen Feind.
Kanonen
wummern, das Dolby dröhnt, blutjunge Ladeschützen stolpern durch Feuerlinien,
beherzte Mädels singen das Lob der Panzerfaust in Volkes Hand, kantige
Kerle machen kantige Sprüche und brüllen ernsthaft trotzig "Peng"
beim Nachstellen von Nibelungen-Mut und Alamo-Tragödie.
Zweitens
tastet sich der stille Messias in der anderen Richtung zum Kern des Übels
vor und lässt dabei immerhin seine Frau den Wagen fahren. Das überleben
beide nicht, aber mehr Handlung wird nicht verraten.
Es
ist sehr leicht, Andy und Larry Wachowski, die Master-Planer des Matrix-Desasters,
des Verrats zu überführen. Sie haben ihr rätselvolles Wunderland
gleich nach dem ersten Erfolg an Hollywood verkauft. Aber sie haben am Ende
die Kurve zurück ins (allerdings lädierte) Paradies gekriegt. "Matrix
2.2" erzählt, um alle klaffenden Löcher in Story, Logik, Wänden
und Körpern herum, gerade davon, dass der Verrat die echte Heldentat ist.
Dass die Rebellen das System nicht besiegen, aber verändern können.
Darüber kann man jetzt nachdenken. Nach "Matrix
2.1" konnte man nur kopfschütteln.
Das
Feuilleton meckert, in verdächtiger Eintracht mit den Publikums-Magazinen,
der Baudrillard sei verschwunden, der Tiefsinn in lauten Oberflächen versackt,
der freche neue Mythos zum alten Klischee-Abenteuer verflacht. Ach was. Ein
Film ist kein Philosophieseminar. Aber eine Joel Silver-Produktion, in der der
Junge das Mädchen nicht kriegt? In der das Happy End eine offensichtliche
Lüge ist? In der die Menschheit nichts besseres hoffen kann als von ihren
Traum-Produzenten mit etwas schönerer Beleuchtung ausgebeutet zu werden?
Und die, jetzt in der wirklich wirklichen Welt, ausgerechnet beim Ernten der
selbsterzeugten Illusionen an der Kino-Kasse ihr Cannae erleidet? Leider ist
das wohl nur ein schöner Traum des Feuilletons. Selbst der grottenschlechte
und rundum verrissene Teil
2
hatte knapp 5 Mio. Besucher in Deutschland.
Man
soll den Wachowskis einen Ehrendoktor-Hut in Medien-Philosophie verleihen. Und
sie aus der Film-Geschichte verschwinden lassen wie Neo. Denn was sie mittlerweile,
neben absolut umwerfenden Production Values, an absolut dilettantischen dramaturgischen
Bloopers und humorlosen Albernheiten begehen, ist für Unvermögen zu
krass. Es muss einfach perfide auf uncool getrimmte Sabotage sein.
Die
Revolution ist eine Katastrophe. Wer das behauptet, ist ein Revanchist. Und
wer das beweist, gehört in ein Umerziehungslager, in dem ohne Unterlass
Matrix
1,
Dark
City,
Metropolis,
Star
Wars 5,
Colossus,
Tron,
Johnny
Mnemonic
und viele andere viel bessere schlechte SF-Filme laufen. Vielleicht treffen
wir die W. Bros. dort?
Wolfgang
Ueding
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Kritiken
Matrix
- Revolutions
USA
2003 R.+B.: Andy & Larry Wachowski; K: Bill Pope; D: Keanu Reeves, Laurence
Fishburne, Carrie-Anne Moss, Hugo Weaving, Jada Pinkett Smith, Monica Belluci
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