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Kill
Bill - Volume 1
Wer
einen Film mit einem klingonischen Zitat beginnt, outet sich als hoffnungsloser
Kinofanatiker. Nicht, dass wir von Quentin Tarantino etwas anderes erwartet
hätten, doch diese Texteinblendung macht erneut klar, dass hier jemand
am Werke ist, der selber Filme braucht, wie die Luft zum Atmen. Nach Eigenauskunft
war dies auch einer der Gründe, warum es rund sechs Jahre dauerte, bis
Tarantino seinen vierten Film, der nun in zwei Teile gesplittet in die Kinos
kommt, fertig stellen konnte. Er habe einfach sehr viel Zeit damit verbracht,
sich Filme anzusehen.
Einen
anderen Grund kehrt der exzentrische Regisseur in Interviews gerne unter den
Teppich: Ganz offensichtlich kam er mit seinem ursprünglichen Projekt,
einem Film über den zweiten Weltkrieg, nicht zurande und so erinnerte er
sich an eine Filmidee, auf die ihn ursprünglich Uma Thurman gebracht hatte
- und drehte einen Martial Arts Film.
Der
Plot wird dabei zwar ziemlich verschachtelt erzählt, was aber nichts an
der schlichten Grundstruktur ändert, die sich auf den Satz "Eine Frau
nimmt Rache" reduzieren lässt. Die namenlose schwangere Braut (Uma
Thurman) wurde zusammen mit einigen Gästen während der Hochzeitsfeierlichkeiten
angegriffen. Offenbar hatte sich die ehemalige Auftragskillerin den Zorn ihres
ehemaligen Bosses Bill (David Carradine) zugezogen. Dieser jagt der Braut persönlich
aus nächster Nähe eine Kugel in den Kopf. Doch wie durch ein Wunder
überlebt sie und erwacht nach vier Jahren aus dem Koma. Dieses Erwachen
gleicht einem Schock, denn die Braut muss feststellen, dass sie ihr Baby verloren
hat. Wutentbrannt macht sie sich auf einen groß angelegten Rachefeldzug.
Für sie ist klar: Bill und alle an der Bluttat Beteiligten müssen
sterben.
"Kill
Bill" als einen Martial-Arts Film zu bezeichnen greift eigentlich zu kurz.
Quentin Tarantino hat vielmehr eine wilde Genremixtur erstellt, die Elemente
des japanischen und chinesischen Kampfkunstfilms, des Spaghettiwesterns, der
Rachefilme der siebziger Jahre und viele andere Einflüsse mehr in sich
vereint. Kunstvoll jongliert er ständig mit neuen filmischen Referenzen,
Zitaten und bekannten Filmmotiven, was sicherlich ein Fest für alle Filmnerds
dieses Planeten darstellt. Die in vielen Rezensionen dabei angemerkte "kompromisslose
Härte" ist jedoch anzuzweifeln. Sicher, auf ihrem Rachefeldzug pflastern
Leichen den Weg der "Braut", abgetrennte Gliedmaßen und meterhohe
Blutfontänen sind an der Tagesordnung. Doch dies geschieht alles in einem
comichaft-übertriebenen Stil, der unmissverständlich klarmachen will,
dass die Gewaltorgien in "Kill Bill" nicht allzu ernst genommen werden
wollen.
Dies
alles ist in der Tat wirklich meisterhaft inszeniert und hübsch anzuschauen.
Die Kamera schwelgt in stylishen Kulissen, die Robert Richardson aus stets originellen
Winkeln einfängt. Und doch stellt sich schon bald die Frage, wozu man sich
das Ganze eigentlich ansieht. Es liegt nicht daran, dass "Kill Bill"
mitunter etwas sehr langatmig daher kommt - in der Tat wäre eine straffere
Inszenierung vorteilhaft gewesen. Vielmehr beschleicht den Zuschauer das Gefühl,
dass sich Tarantino in seinem eigenen, kunstvoll gewebten Netz aus Referenzen,
Zitaten und Ironisierungen hoffnungslos verheddert hat. Irgendwo innerhalb des
Entstehungsprozesses hat der Filmemacher offenbar vergessen eine eigene Geschichte
zu erzählen.
"Kill
Bill - Volume 1" gleicht einem großen Mixtape: Tarantino hat Schnipselchen
aus der ganzen Welt des B-Filmes übereinander geschichtet und aneinander
gehängt, doch es gelingt ihm dabei nicht, die Elemente zu etwas eigenem,
neuen zu fusionieren. Vor lauter Zitieren ist Tarantino die eigene Sprache abhanden
gekommen. Sicher, er bemüht sich redlich durch ironisierende Elemente und
starke Stilisierung der gesamten Szenerie dem Film einen eigenen Stempel aufzudrücken,
doch bis auf wenige Szenen, wie beispielsweise Uma Thurmans herrlichem Auftritt
in der Sushi-Bar von Hattori Hanzo (Sonny Chiba) gelingt dies eben nicht. Dadurch
wird "Kill Bill" so überflüssig wie bestimmte Sampler der
Achtziger Jahre, auf denen aktuelle Pophits von Sinfonieorchestern nachgespielt
wurden. Es wäre ehrlicher gewesen, wenn Tarantino die zitierten Elemente
im Original belassen und einfach nur aneinander geschnipselt hätte.
Tarantino
selber sagt, "Kill Bill" sei eine Liebeserklärung an das Kino.
Das mag sein. Doch eine Liebeserklärung ist noch kein Film.
NOTE:
3-
Daniel
Möltner
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Zu diesem Film gibt es im archiv der filmzentrale mehrere Kritiken
Kill
Bill - Volume 1
USA,
2003, 108 min, FSK18
Regie:
Quentin Tarantino
Drehbuch:
Quentin Tarantino, basierend auf einer Idee
von
Quentin Tarantino und Uma Thurman
Kamera:
Robert Richardson
Musik:
RZA
Darsteller:
Uma
Thurman - Die Braut/Black Mamba
David
Carradine - Bill
Lucy
Liu - O-Ren Ishii/Cottonmouth
Daryl
Hannah - Elle Driver/California Mountain Snake
Vivica
A. Fox - Vernita Green/Copperhead
Michael
Madsen - Budd/Sidewinder
Michael
Parks - Sheriff
Sonny
Chiba - Hattori Hanzo
Chiaki
Kuriyama - Go Go Yubari
Julie
Dreyfus - Sofie Fatale
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